Neues Recycling-System geplant: Die gelbe Tonne wird orange

Künftig sollen nicht nur Verpackungen extra gesammelt werden, sondern auch "stoffgleicher" anderer Abfall. Der Gesetzentwurf lässt aber viele Fragen offen.

Auslaufmodell: Die gelbe Tonne, hier überdimensioniert. Bild: ap

BERLIN taz | Spätestens 2015 soll es in Deutschland eine Wertstofftonne geben. Das beschloss das schwarz-gelbe Bundeskabinett am Mittwoch. Mit erheblicher Verspätung einigten sich die beteiligten Ministerien auf einen Entwurf für ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz und setzten damit eine Richtlinie der EU um.

Ebenfalls ab 2015 muss allen Bürgern eine Biomülltonne angeboten werden, die es bislang noch nicht überall gibt. Wie die neue "orangene" Wertstofftonne genau gestaltet sein soll, sagt der Gesetzentwurf nicht. Das Bundesumweltministerium (BMU) verweist auf ein eigenes Gesetz oder eine Verordnung, die dazu verfasst würden.

Das Konzept ist umstritten. Streitpunkt eins: Was soll in die Tonne? Klar ist laut einer Studie des Dessauer Umweltbundesamtes (Uba), dass die gemeinsame Sammlung von Kunststoffen und Metall sinnvoll ist. In die Tonne gehörten also nicht nur die Verpackungen aus dem gelben Sack, sondern auch "stoffgleiche Nichtverpackungen" wie der Playmobil-Elefant oder der Kunststoffteller.

Skeptisch hingegen bewerten Experten die Idee, auch Elektrokleingeräte wie Handys oder Radios einzubeziehen. Diese beinhalten zwar auch die begehrten und oft diskutierten "seltenen Erden" - Metalle wie Indium, Neodym oder Tantal, bei denen einige Staaten, vor allem China, quasi ein Monopol haben. Trotzdem werden sie bislang kaum in nennenswerten Mengen recycelt. Im Gegenteil. Die Sammlung und Wiederverwertung von Elektroschrott sei mangelhaft, sagt Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund (Nabu). Er ziehe eine konsequentere Rücknahme alter Geräte beim Fachhandel einer Wertstofftonne plus Elektroschrott vor.

Beim Uba laufe nun bis zum Sommer ein Planspiel, dessen Erkenntnisse in die genaue Gestaltung der Wertstofftonne einfließen sollen, heißt es aus dem BMU.

Wer darf sammeln?

Zweiter Streitpunkt: Wer darf die Wertstoffe einsammeln? Kommunen und private Entsorgungsindustrie kämpfen erbittert darum, wer den lukrativen Inhalt der Wertstofftonne einsammeln und wiederverwerten darf. In dem Entwurf sieht es nun nach einem leichten Vorteil für die Privaten aus. Der Entwurf stelle "keinen ausgewogenen Ausgleich zwischen den Interessen der kommunalen und der privaten Entsorgungswirtschaft her", kritisiert Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen.

Allerdings ist auch der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse), der die mittelständische Entsorgungswirtschaft vertritt, "nicht zufrieden". Die privatwirtschaftliche Seite werde nicht gestärkt, sondern der kommunalen Abfallwirtschaft eine Art Bestandsschutz gegeben, so bvse-Präsident Burkhard Landers. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft BDE, hinter dem Konzerne wie die Berliner Alba stehen, lobte das Gesetz als Schritt in die richtige Richtung.

Nabu-Abfallexperte Bongardt ärgert es, dass der Streit zwischen kommunalen und privaten Abfallentsorgern die Diskussion im Gesetzgebungsprozess beherrscht habe. Nun habe man die Chance verpasst, das Abfallrecht ressourcen- und klimaschonend weiterzuentwickeln. Die Vorgaben, 65 Prozent der Siedlungsabfälle und 70 Prozent des Bauschutts stofflich zu verwerten, seien viel zu niedrig und würden in der Praxis schon jetzt übertroffen.

Auch Dorothea Steiner, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert den Gesetzentwurf. Nötig sei ein "Umdenken in der Abfallpolitik hin zu einer Ausrichtung an Abfallvermeidung, Ressourceneffizienz und ökologischen Anforderungen". Der Gesetzentwurf muss jetzt noch von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

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