Tschüss, Knutschi: Elch überlebt Deutschland nicht

Pilzsammler finden den aus Osteuropa zugewanderten Elchbullen Knutschi tot in einem hessischen Waldgebiet. Woran das Tier starb, muss noch geklärt werden.

Lebt nicht mehr: Der Elch mit dem lustigen Namen. Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | Nach einem Streifzug durch mehrere Bundesländer ist ein aus Osteuropa zugewanderter Elch in Hessen gestorben. Pilzesucher fanden den Kadaver am Freitag im nordhessischen Reinhardswald. Der von Lokalzeitungen "Knutschi" getaufte Elchbulle war als erster Elch seit mehr als 60 Jahren in freier Wildbahn in Deutschland unterwegs.

"Wir sind traurig. Der wandernde Elch hat die Menschen in Hessen begeistert", sagte der Sprecher des hessischen Umweltministeriums, Christoph Zörb. Zu den Gründen des Elch-Todes machte er zunächst keine Angaben. Forstleute, die den rund 400 Kilogramm schweren Körper geborgen haben, durften sich zu den möglichen Todesumständen nicht äußern.

Das sorgt für Spekulationen. Das Tier sei wohl an den Folgen einer ihm verpassten Betäubung gestorben oder habe sich beim Aufwachen aus der Narkose verletzt, heißt es in Internetforen. Als sich der Elch am vergangenen Montag der viel befahrenen Nord-Süd-Autobahn A 7 genähert hatte und ein schwerer Unfall zu befürchten war, entschlossen sich die Behörden zum Eingreifen. Polizisten trieben den Elch in einem Waldstück in die Enge, Tierärzte schossen Betäubungsspritzen ab. Der narkotisierte Elchbulle wurde anschließend im Reinhardswald wieder freigelassen.

Der Kasseler Wildbiologe Jochen Tamm äußerte den Verdacht, dass der Stress bei der Einfangaktion vom Montag zu viel für das mächtige Tier gewesen sein könnte. Auch der Abschuss durch Jäger oder Wilderer oder eine Attacke durch einen in der Region lebenden Wolf werden nicht ausgeschlossen. Ministeriumssprecher Zörb verweist auf die Obduktion in der Gießener Universität, die in dieser Woche Aufklärung bringen soll.

Wissenschaftler legten dem Elch während des Transports in den Reinhardswald einen GPS-Sender an, um seine künftigen Wanderwege zu verfolgen. Signale kamen aber schon seit Dienstag nicht mehr bei den Experten an. Ob der Sender kaputt, der Elch in einem Funkloch oder schon tot war, soll jetzt ebenfalls geklärt werden.

Der etwa zwei Jahre alte Elchbulle war Mitte September über Sachsen und Thüringen nach Hessen eingewandert. Zeitweise ließ er sich auch im südlichen Niedersachsen blicken. Nach Angaben von Fachleuten stammte das Tier ursprünglich aus Polen oder Tschechien und war auf der Suche nach einer Partnerin.

Nach Einschätzung des Göttinger Wildbiologen Ferdinand Rühe hätte der Elch in Deutschland aber auch ohne Artgenossin gute Überlebenschancen gehabt. "Er kommt ganz gut alleine zurecht", sagte Rühe der taz. Elche könnten sich ausreichend durch Gras, Zweige, junge Triebe und Obst ernähren.

In den vergangenen Jahren sind immer mehr Wildtiere, die ausgerottet oder verdrängt waren, nach Deutschland zurückgekehrt. Die teilweise gezielt wieder angesiedelten Rückkehrer finden zumindest in Teilen des Landes so gute Lebensbedingungen wie lange nicht vor. Naturschützern gehen die Maßnahmen aber nicht weit genug, sie verlangen von Bund und Ländern größere Anstrengungen.

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