Städte verbieten Heizpilze: Keine "Killerpilze" im Café

Gasbetriebene Heizstrahler vor Gaststätten boomen. Nun schreiten die ersten Kommunen ein, weil sie Klima und Ästhetik gefährdet sehen.

Direkter kann man das Klima nicht heizen. Bild: dpa

Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer hat ein neues Thema entdeckt: die Heizpilze, die Kneipen, Gaststätten und Bars immer öfter vor ihren Türen aufstellen. Nachdem andere Städte das Thema schon vor ihm angegangen haben, gibt der Klimaschützer und Hybridfahrer Palmer jetzt Gas - beim Gasabdrehen für den Klimaschutz. In den kommenden Tagen will Palmer die Gastronomen in der Universitätsstadt schriftlich auffordern, keine Heizstrahler mehr zu kaufen. Und wenn die Tübinger Wirte das ignorieren? "Wir werden für Heizpilze keine Genehmigungen ausstellen", sagt Palmer.

Die Nachfrage nach Terrassenstrahlern, wie die Heizpilze offiziell heißen, boomt. Allein in Berlin stehen nach Schätzung des Umweltsenats 5.000 Strahler vor den Restaurants. Durch das Rauchverbot dürfte die Nachfrage weiter steigen. In Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen ist das Rauchen in Kneipen und Restaurants bereits verboten, die anderen Bundesländer folgen ab Januar. Die Lösung für viele Gastronomen: Die Raucher sitzen im Freien und lassen sich per Pilz wärmen.

Umweltschützer halten die Bürgersteigbeheizung für irrsinnig. Die Strahler heizen mit flüssigem Propangas - dabei entsteht das klimaschädliche Kohlendioxid. "Heizpilze gehören zu den Dingen, die die Welt nicht braucht", sagt Jan Haase von Greenpeace. Für die Umweltschützer sind die Strahler "Killerpilze". Haase hat ausgerechnet: Bei einer durchschnittlichen Betriebsdauer von 36 Stunden in der Woche setzt ein Heizstrahler bis zu vier Tonnen Kohlendioxid im Jahr frei - so viel wie das Auto eines Vielfahrers oder ein komplettes gut gedämmtes Einfamilienhaus. "Wir fordern Wirte und Baumärkte auf, auf die Strahler zu verzichten", appelliert Greenpeace deswegen. Die ersten Städte, die den Heizpilzen den Kampf ansagten, waren Köln und Stuttgart. Der Klimaschutz spielte dabei jedoch allenfalls eine Nebenrolle.

Köln hat schon im Januar eine "Gestaltungsrichtlinie" aufgestellt und darin den Altstadtgastronomen verboten, im Freien billige Plastikstühle, Sonnenschirme mit Werbeaufdruck und eben auch Heizpilze aufzustellen. Derzeit überlegen die Stadtoberen, das Verbot auf die gesamte Innenstadt auszuweiten. "Die Heizpilze sind oft verbeult und einfach nicht ansehnlich", sagt Jürgen Müllenberger, Pressesprecher der Stadt. "Uns geht es um das Erscheinungsbild." Bis 2009 gewährt Köln seinen Wirten eine Übergangszeit, dann soll es auch Geldstrafen setzen, falls das Verbot ignoriert wird.

In der Stuttgarter Innenstadt sind Heizpilze seit dem 1. November verboten. Auch hier ist die Verbannung vor allem ästhetisch begründet, aber nicht ausschließlich. "Wir wollen nicht, dass rund um die Uhr die Straße beheizt wird", sagt Stadt-Sprecher Stephan Schorn. Etwas seltsam ist jedoch, dass das Verbot nur zwischen November und März gilt. In den Sommermonaten können die Gastronomen am Abend weiter heizen. Nur in der Nähe von Kulturdenkmälern gilt das Verbot das ganze Jahr.

In Berlin hat sich an den Gasstrahlern ein politischer Streit entzündet. Ursprünglich hatte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) mit der Idee gespielt, die Heizpilze zu verbieten. "Wir dachten, das ließe sich über eine Änderung im Straßengesetz regeln." Doch diesen Plan hat Lompscher inzwischen aufgegeben. "Die Rechtslage gibt das nicht her", sagt sie. An diesem Montag wird sie dem Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses das Ergebnis ihrer Prüfung mitteilen.

Die Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will das so nicht durchgehen lassen. Deren umweltpolitische Sprecherin Felicitas Kubala entdeckt jeden Tag neue Heizpilze in der Hauptstadt und fordert ein Verbot auf "öffentlichem Straßenland". "Die Stadt kann ja auch Auflagen zum Lärm- oder Brandschutz machen", findet Kubala. Da sollte es ihrer Meinung nach auch möglich sein, das Klima zu schützen.

So wie der grüne Oberbürgermeister Boris Palmer in Tübingen. Der will keine Ausnahmen für das Heizpilzverbot dulden. Für die Gastronomen in seiner Stadt sieht er denn auch nur eine Lösung, wenn sie ihre Gäste im Freien warm halten wollen: "Decken. Das ist doch eine schöne Lösung", findet Palmer. Ästhetisch wie ökologisch.

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