Radioaktive Lauge im Endlager Asse: Minister zieht Notbremse

Politiker stoppten am Dienstag die rechtswidrige Entsorgung von Cäsium 137. Die radioaktive Lauge ist vermutlich jahrelang einfach in den tiefsten Bereich weggepumpt worden.

Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel begutachtet die verseuchte Grube im Endlager Asse. Bild: dpa

HANNOVER taz Im Atommüllendlager Asse bei Wolfenbüttel ist mit Billigung der niedersächsischen Bergbehörden beim Umgang mit radioaktiver Lauge jahrelang gegen die Strahlenschutzverordnung verstoßen worden. Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP), der das Endlager beaufsichtigt und dem das Landesbergamt untersteht, will davon nichts gewusst haben - zog jetzt aber die Notbremse. Ab sofort ist es in dem ehemaligen Versuchsendlager nicht mehr erlaubt, die mit Cäsium 137 und Spuren anderer Radionuklide belastete Lauge einfach im tiefsten Bereich des ehemaligen Salzbergwerks zu entsorgen. Das ist das Ergebnis eines Krisengesprächs, zu dem das Ministerium kurzfristig Vertreter der Bergbehörden und des Asse-Betreibers, der Helmholtz-Gesellschaft, nach Hannover geladen hatte.

Das Ministerium hat nach eigenen Angaben erst im vergangenen September davon erfahren, dass die seit Jahren in das Endlagerbergwerk einfließende Lauge mit radioaktivem Cäsium belastet ist. Wie Umweltstaatssekretär Stefan Birkner (FDP) in Hannover versicherte, ging das Ministerium noch bis letzte Woche davon aus, das die Cäsium-Belastung unter dem 10.000-Becquerel-Grenzwert der Strahlenschutzverordnung lag. Erst bei dem Krisengespräch am Dienstag will Birkner dann davon erfahren haben, dass die Lauge an drei Zuflussstellen zwischen 20.000 und 90.000 Becquerel Cäsium pro Liter enthält. Birkner äußerte sich zu recht postwendend "sehr, sehr skeptisch, ob der Umgang mit der Lauge rechtmäßig ist", und untersagte deren Entsorgung auf der 975-Meter-Sohle des Endlagers.

Pikanterweise war das Landesbergamt seit Jahren über die tatsächliche radioaktive Belastung der Lauge informiert und erlaubte sogar deren rechtswidrige Entsorgung vor Ort. In dem ehemaligen Versuchsendlager darf aber schon seit 1978 kein radioaktiver Abfall mehr eingelagert werden. Die niedersächsischen Grünen veröffentlichten gestern den vierseitigen Betriebsplan, mit dem das Bergamt das Herunterpumpen der Cäsiumlauge in den Grubensumpf erlaubte.

Der niedersächsische Grünen-Fraktionschef, Stefan Wenzel, verspottete den Plan als die "kürzeste Endlagergenehmigung aller Zeiten". Umweltminister Hans-Heinrich Sander habe bei der Beaufsichtigung des Endlagers und des eigenen Bergamtes gänzlich versagt.

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