Gentechnikgegner verfolgen Seehofer: Minister zwischen Maiskolben

Gentechnikgegner reisen Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer auf seiner Wahlkampftour durch Bayern hinterher. Der redet mit ihnen, doch um Entscheidungen drückt er sich.

"Genhofer" hat bei den Gentechnikgegnern kein gutes Image. Bild: ap

MÜNCHEN taz Horst Seehofer hält den Maiskolben in der Hand und weiß nicht, wohin. Die Gentechnikgegner wollen, dass er abstimmt. Hinter Seehofer steht eine große Waage, mit zwei Schalen daran. Jeder Maiskolben in der rechten Schale bedeutet eine Stimme für das Verbot von Genmais, jeder in der linken Schale ein Nein. Die Ja-Schale ist schon so voll, dass sie den Erdboden berührt.

Aber Seehofer möchte keine Seite wählen. Er legt den Maiskolben beiseite und geht ein paar Schritte nach vorne, zu den wartenden Aktivisten. Sie rufen ihm ihre Fragen zu, der Minister hört zu und diskutiert, länger als zwanzig Minuten. Über Gentechnik reden, das macht Seehofer gerne. Darüber entscheiden will er jetzt nicht.

"Seehofer muss handeln", finden die Aktivisten der Protestplattform Campact. Sie wollen den Bundeslandwirtschaftsminister dazu bringen, die Genmaissorte MON810 der US-Firma Monsanto zu verbieten. Dafür haben sie eine Aktionstour gestartet und begleiten den Minister im bayerischen Landtagswahlkampf mit Protestaktionen und Diskussionen - etwa wieder am kommenden Mittwoch auf dem Marktplatz von Teisendorf. Vergangene Woche kamen über hundert Menschen zur ersten Station am Wiener Platz in München. Und Seehofer stellte sich kurz vor seiner CSU-Wahlkampfveranstaltung der Diskussion.

Er lässt seinen Blick über die Menge wandern. Er sieht die "Genhofer"-Plakate der Greenpeace-Aktivisten, die Menschen in ÖDP- und Grünen-T-Shirts, die Biobauern und Imker, die gekommen sind. Seehofer lächelt. "Liebe Freunde", sagt er dann, "ich habe doch die Ohne-Gentechnik-Kennzeichnung für Lebensmittel eingeführt. Seit ich das Ministerium übernommen habe, habe ich doch alles Schritt für Schritt verändert." Dass das von ihm entworfene Gentechnikgesetz aber auch den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen erleichtert, und strikte Regelungen aus rot-grünen Zeiten aufweicht, sagt Seehofer nicht. Er erwähnt auch nicht, dass sein Ministerium vergangenes Jahr den Versuchsanbau der umstrittenen Genkartoffel Amflora der Firma BASF ausdrücklich genehmigte.

Warum er als Bundesminister den Genmais nicht einfach verbietet, wie es Österreich oder Frankreich gemacht haben? "Ich möchte auf EU-Ebene eine rechtlich saubere Lösung erreichen", meint Seehofer nur. Die EU kann Entscheidungen kippen, und die WTO übt Druck auf die Gentechnikverweigerer aus. Aber hier will niemand juristisch ausgereifte Lösungen. "Herr Seehofer, Sie können sich ein Denkmal setzen!", schreit eine Frau. "Denkmäler setzt man doch nur Toten", grummelt der Minister zurück und bleibt bei seiner Position: "Ich möchte bei der EU erreichen, dass jede Kommune selbst entscheiden kann, ob sie Genmais anbaut oder nicht."

Es ist eine Antwort, die keinem wehtut, weder den Gentechnikkritikern noch den -befürwortern, und die dem Minister eine eigene Entscheidung erspart. Seehofer muss auch Rücksicht auf seine Partei nehmen. Die CSU ist bei dem Thema tief gespalten. Im Saal des Hofbräukellers, gleich nebenan, ärgern sich die Parteifreunde schon, dass ihr Stargast so lange braucht. Vom Rednerpult echauffiert sich der Landtagsabgeordnete Thomas Zimmermann, ein gestandener CSUler mit buschigen Augenbrauen: "Der Bundesminister ist vom politischen Gegner aufgehalten worden." Seehofer wiegelt ab, als er kommt. "Es waren auch sehr vernünftige Leute, die da demonstriert haben." Dann sagt er wieder, dass die Gemeinden entscheiden sollten. Jemand ruft "Bravo!", der Saal applaudiert.

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