Verschmutzungsrechte für Kraftwerke: Regierung einig über Emissionen

Wie vom Umweltminister gewünscht, sollen Verschmutzungsrechte für Kraftwerke ab 2013 komplett versteigert werden. Für die Industrie gibt es allerdings Erleichterungen.

Die alten Braunkohleblöcke in Frimmersdorf gelten als die klimaschädlichsten Kraftwerke Deutschlands. Bild: dpa

BERLIN taz Der regierungsinterne Streit zwischen Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) über die deutsche Haltung zum EU-Emissionshandel ist beigelegt. Entgegen einer anderslautenden Forderung der Union wird Deutschland die Pläne der EU-Kommission unterstützen, die CO2-Zertifikate für Kraftwerke ab dem Jahr 2013 komplett zu versteigern. Das sagte Gabriel am Donnerstag in der Haushaltsdebatte des Bundestags. "Es wird keine Ausnahmen für neue Kraftwerke geben und auch keine Subventionen für Neubauten", betonte er. Damit ist der Versuch des Wirtschaftsministers gescheitert, beim Emissionshandel Ausnahmen für neue Kohlekraftwerke durchzusetzen.

Beim europäischen Handel mit Emissionsrechten müssen Kraftwerke für jede Tonne des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2), die beim Betrieb produziert wird, Zertifikate nachweisen. Diese können von den Unternehmen an der Börse gehandelt werden. Die Gesamtmenge wird jedes Jahr reduziert. Bisher werden die Emissionsrechte zu 90 Prozent kostenlos abgegeben. Ab 2013 will die EU-Kommission sie komplett versteigern. Weil Kohlekraftwerke pro Kilowattstunde Strom besonders viel CO2 freisetzen, sind sie von dieser Entscheidung besonders betroffen.

Im Gegenzug zu den Kraftwerken, wo sich das Umweltministerium mit seiner Position durchsetzen konnte, war das Wirtschaftsministerium offenbar bei einem anderen Bereich des Emissionshandels erfolgreich. Bei Industrieunternehmen, die für ihren CO2-Ausstoß ebenfalls Zertifikate benötigen, wird es wohl mehr Ausnahmen geben. Um Abwanderung von Unternehmen zu verhindern, wollte zwar auch Gabriel besonders energieintensive Branchen, die im internationalen Wettbewerb stehen, von der Versteigerung ausnehmen, die Union konnte nun aber eine Formulierung durchsetzen, die sehr weit gefasste Ausnahmen ermöglicht. Deren umweltpolitische Sprecherin, Marie-Luise Dött, wertete es als Erfolg, dass "das Bundesumweltministerium jetzt endlich offensiv in Brüssel darüber verhandelt, welche Branchen des produzierenden Gewerbes von der Auktionierung ausgenommen werden".

Zudem einigte sich die Bundesregierung darauf, dass in diesem Sektor dauerhaft nur 20 Prozent der Zertifikate versteigert werden sollen. Die EU-Kommission plant hingegen, den kostenpflichtigen Anteil von 20 Prozent im Jahr 2013 auf 100 Prozent im Jahr 2020 zu steigern. Die Grünen kritisierten die Ausnahmen. "Jetzt wird jede Industrielobby des Landes bei der Regierung auf der Matte stehen und eine Sonderbehandlung einfordern", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn. Zudem gebe es durch die vorgesehene kostenlose Zuteilung von 80 Prozent der Zertifikate für die betroffenen Industrien "kaum Anreize für Produktinnovation und CO2-Einsparung".

Auch Umweltverbände wie der Deutsche Naturschutzring und der World Wide Fund for Nature (WWF) begrüßten die Einigung in Bezug auf die Kraftwerke. Sie fürchten aber zugleich, dass der Kompromiss bei der Industrie Ausnahmen für einen Großteil der Branchen bedeuten könnte. "Es kommt entscheidend darauf an, welche Kriterien angelegt werden", sagte Juliette de Grandpré, Klimaexpertin beim WWF. "Diese müssen transparent und eng gefasst sein."

Das EU-Klimapaket wird derzeit in den Ausschüssen des europäischen Parlaments beraten. Ab Mitte Oktober befassen sich die Minister der Mitgliedstaaten damit. Spätestens Mitte Dezember soll es vom Europäischen Rat und dem EU-Parlament endgültig verabschiedet werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.