Reform des Waldgesetzes geplatzt: Regierung ist sich nicht grün

Ein umweltverträglicheres Bundeswaldgesetz war eigentlich schon im Koalitionsvertrag geplant. Doch die Reform ist an internen Streitigkeiten gescheitert.

Die Abholzung hätte begrenzt werden können. Bild: ap

BERLIN taz | Spechte oder Insekten lieben morsche, verknarzte Eichen und Buchen. Doch die altersschwachen Bäume werden auch künftig schneller aus den Wäldern verschwinden, als dies ökologisch sinnvoll ist. Grund ist, dass die große Koalition die Reform des Bundeswaldgesetzes platzen lässt - wie der Vizechef der SPD-Fraktion, Ulrich Kelber, der taz am Freitag bestätigte.

So bleibt es nämlich dabei, dass Waldbesitzer immer haften müssen, wenn etwa ein Spaziergänger von einem herabfallenden Ast verletzt wird. Und deswegen würden Förster einen Baum fällen und ihn entfernen, sobald er leicht lädiert ist, erklärt Johannes Enssle vom Umweltverband Nabu. "Ökologisch macht die strikte Vorgabe keinen Sinn", sagt er.

Die Haftungsfrage ist nicht die einzige renovierungsbedürftige Formel, die nun nicht neu geregelt wird. Das Waldgesetz stammt aus dem Jahre 1975. "Da stehen viele Sachen drin, die überholt sind", meint Enssle. Das fanden auch die Regierungsparteien - und versprachen die Erneuerung schon in ihrem Koalitionsvertrag.

In diesem März sah es dann so aus, als käme die längst überfällige Reform durch. Waldbesitzer sollten zum Beispiel nur noch an Wegen für die sogenannte Verkehrssicherheit sorgen müssen, nicht im ganzen Wald. Doch plötzlich zerstritten sich Union und SPD wieder - an Paragraf 11, "Grundsätze zur ordnungsgemäßen und nachhaltigen Forstwirtschaft".

Danach sollen Forstwirte mit großen Maschinen nicht kreuz und quer durch den Wald fahren und nicht übermäßig Chemie einsetzen. Außerdem sollen sie - und das war zum Schluss der größte Streitpunkt - nur "standortheimische Baumarten" pflanzen.

Deutsche Eiche und Tanne wären also erlaubt, Amerikanische Roteiche und Douglasie aber nicht. Fremde Arten brächten das gesamte Ökosystem durcheinander, erklärt SPD-Politiker Kelber. Außerdem seien Bäume, die von Natur aus in Deutschland wachsen würden, an hiesige Stürme und Temperaturen angepasst, "sie sind widerstandsfähiger".

Doch diese Argumentation überzeugte die bayerische CSU-Regierung und die Baden-Württemberger CDU-Leute nicht. Sie halten nicht viel von Vorschriften für Waldbesitzer - und stemmten sich plötzlich gegen sie. Zwar muss das Gesetz gar nicht vom Bundesrat abgesegnet werden, aber nun schwenkte auch die Bundestagsfraktion der Union um.

Auch ein Gespräch zwischen SPD-Fraktionschef Peter Struck und seinem Unions-Kollegen Volker Kauder diese Woche half da nichts mehr - Kompromiss unmöglich. Nabu-Experte Enssle ärgert, dass die große Koalition "umweltpolitisch nichts auf die Reihe bringt". Schon das Umweltgesetzbuch kam wegen Widerstand aus der CSU nicht durch.

Zur Rettung der Waldreform hatten Naturschützer kurzfristig die Formel "vorwiegend standortheimisch" ins Spiel gebracht. Enssle: "Ökologen wollen fremde Arten gar nicht grundsätzlich ausschließen." Sie kommen mit dem Klimawandel womöglich besser zurecht als heimische Arten. Das kam bei der zerstrittenen Koalition aber nicht mehr an, im deutschen Wald bleibt alles beim Alten.

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