Resistenz gegen Gift: Schädlinge auch bei Gen-Baumwolle

In Indien sind Raupen aufgetaucht, die dem Gift der Genpflanzensorte Bollgard widerstehen: Für Umweltschützer ein Wettlauf mit der Natur, den man nicht gewinnen kann.

Ist auch genmanipuliert von Schädlingen bedroht: Baumwolle. Bild: ap

BERLIN taz | Der Nutzen von gentechnisch veränderten Pflanzen hat ein Verfallsdatum - und einige sind bereits heute nutzlos. Das musste der US-amerikanische Saatgut- und Spritzmittelhersteller Monsanto jetzt einräumen. Nach nur acht Jahren Anbau sind in Indien mutierte Schädlinge aufgetaucht, die sich nicht mehr von der genmanipulierten Baumwolle Monsantos aufhalten lassen.

Die betroffene Sorte Bollgard produziert aufgrund gentechnischer Veränderungen einen speziellen Giftstoff, der unter anderem die gefürchtete Rosarote Baumwollkapselraupe abtöten soll. Doch in vier von neun Bezirken des Bundesstaates Gujarat ist die Raupe seit vergangenem Jahr resistent gegen dieses Gift. Das geht aus einem Bericht von Monsanto und dem zentralen Institut für Baumwollforschung hervor, der der zuständigen Gentechnikkommission seit Kurzem vorliegt.

"Dieser Vorfall ist ein Warnzeichen", sagt Martha Mertens, Gentechnikexpertin des BUND. Man müsse einerseits damit rechnen, dass die resistenten Schädlinge sich auf umliegende Regionen ausbreiteten. Eine ähnliche Resistenz könne sich andererseits aber auch bald unabhängig davon anderswo entwickeln, so die Biologin: "Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie die Größe der Felder, und wie regelmäßig die Baumwolle angebaut wird."

Dass der Nutzen gentechnisch veränderter Pflanzen zeitlich begrenzt ist, gab Monsanto mittlerweile auch in einer Pressemitteilung zu. "Resistenzen kommen natürlicherweise vor und sind vorhersehbar", heißt es darin. Dennoch schiebt das Unternehmen die Schuld im aktuellen Fall vor allem den indischen Landwirten in die Schuhe: Diese hätten sich nicht exakt genug an die speziellen Anbauvorschriften gehalten, die die Entstehung von Resistenzen hinauszögern sollen.

Seit acht Jahren wird die Bollgard-Baumwolle in Indien angebaut. Wie auch bei dem in Deutschland umstrittenen Genmais MON 810 handelt es sich um eine sogenannte Bt-Pflanze: Aufgrund eines eingebauten Gens, das ursprünglich aus Bakterien der Gattung Bacillus thuringiensis (Bt) stammt, produziert sie einen bakterientypischen Giftstoff. Bisher starb die Rosarote Baumwollkapselraupe nach Fressen dieses Gifts.

Eine Lösung für das jetzt entstandene Bollgard-Problem will Monsanto bereits parat haben: Bollgard II. Diese in den USA seit 2002 verkaufte Baumwollsorte ist eine Weiterentwicklung, die nicht nur das Bollgard-Gift produziert, sondern noch einen weiteren, ähnlichen Stoff. Mit dieser neueren Variante sei das Resistenzproblem in Indien gelöst, glaubt Monsanto-Sprecher Andreas Thierfelder: "Diese Sorte bietet nicht nur eine breitere Wirksamkeit, durch den zusätzlichen Giftstoff sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Resistenzen auftreten."

Das wichtigste Anbaugebiet für Bollgard II sind im Moment die USA. Dort wurden bislang keine resistenten Schädlinge beobachtet. Forscher wie der Biologe Bruce Tabashnik von der Universität von Arizona konnten solche Resistenzen jedoch bereits im Labor erzeugen.

"An der ökologischen Problematik wird sich auch mit neuen Sorten nichts ändern", sagt Martin Hofstetter, Gentechnikexperte bei Greenpeace Deutschland. Das Geschäftsmodell des Saatgut- und Pflanzenschutzmittelherstellers sei schließlich alles andere als nachhaltig: "Deren Konzept ist es, ständig neue Gentechnikprodukte zu entwickeln und zu verkaufen." Letztlich handle es sich um einen Wettlauf mit der Natur, den man nicht gewinnen könne, so Hofstetter.

Tatsächlich scheint Monsanto selbst schon seit einiger Zeit damit zu rechnen, dass auch Bollgard II irgendwann nutzlos werden wird. Wie ein Unternehmenssprecher einer indischen Zeitung bestätigte, arbeitet man bereits an einer Nachfolgesorte: Bollgard III. Diese Baumwollsorte soll dann insgesamt drei Giftstoffe absondern.

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