EU legt Atom-Richtlinien vor: Strahlend in die Zukunft

Die EU legt Richtlinien für Mindeststandards bei Atomkraftwerken, Wiederaufbereitung und Endlagerung vor. Dabei wird deutlich, dass sie weiterhin mit Atomkraft rechnet.

Geht es nach der EU, haben Aufbereitungsanlagen wie La Hague Zukunft. Bild: dpa

Die Klimadebatte bringt Atomstrom zurück auf die Tagesordnung. Auch Brüssel unternimmt einen neuen Anlauf: Vor fünf Jahren schon plante die EU-Kommission ein ehrgeiziges europäisches Rahmengesetz, das die Sicherheit von Atomanlagen und Mindestanforderungen für die Lagerung von Atommüll in der EU regeln sollte. Brüssel warb mit dem Argument, die EU könne den neu beitretenden osteuropäischen Ländern nicht strengere Atomstandards abverlangen als den Altmitgliedern. Das Thema schien sich von selbst zu erledigen, denn mehrere Mitgliedsstaaten erklärten den Atomausstieg.

Doch nun hat die EU-Kommission eine Richtlinie für gemeinsame europäische Mindeststandards beim Anlagenbau, Wiederaufbereitung und Endlagerung vorgelegt. Greenpeace kritisiert den Entwurf als kleinsten gemeinsamen Nenner. Kein einziges Land müsse seine Sicherheitsstandards verbessern. "Die EU-Kommission wird von der Nuklearlobby indoktriniert", glaubt Jan Haverkamp, Atomexperte bei Greenpeace.

Während die EU-Kommission sonst keine Gelegenheit auslässt, neue Gesetze mit großem Getöse zu präsentieren, versteckte sie die neue Richtlinie zur atomaren Sicherheit am Mittwoch unter einem Stapel von Beschlüssen und Papieren. Auch die Atomlobby, die am Donnerstag im Europaparlament über nukleare Sicherheit debattierte, blieb weitgehend unter sich. Wer sich bei der Tagung des französischen Think Tanks "Confrontations Europe" im Europaparlament umhörte, fühlte sich in die Zeit vor der Tschernobyl-Katastrophe zurückversetzt.

"Das ist die beste Nachricht des Tages", jubelte Bruno Lescoeur, Vizepräsident des französischen Stromriesen EDF. "Die Kernkrafttechnologie scheint eine Zukunft zu haben."

Europaabgeordnete ließen sich bei der Veranstaltung ebenso wenig blicken wie deutsche Energiefachleute. Dabei hätten sie einiges lernen können. Zum Beispiel, dass Deutschland wegen seines Ausstiegsbeschlusses von den Nachbarn mitleidig bespöttelt wird. "Größtes Problem des Ausstiegsbeschlusses ist doch, dass die Deutschen den Anschluss ans internationale Sicherheits-Knowhow verlieren", erklärte Lescoeur.

EDF dagegen sieht sich besser aufgestellt. Der Konzern steht kurz davor, den Atomstromspezialisten British Energy zu kaufen. Klappt der Deal, dann wird EDF der weltgrößte Anbieter von Nuklearstrom. Vier weitere Europäischen Druckwasserreaktoren (EPR) sind in den USA geplant, zwei in China - und auch Südafrika will EDF mit EPR beglücken. Lescoeurs Optimismus scheint ungetrübt, obwohl die beiden EPR, die derzeit in Frankreich und Finnland im Bau sind, weit hinter dem Zeitplan liegen, und die Kosten nach einer Pannenserie explodieren.

Auch mit der Sicherheit steht es nicht überall zum Besten. Ginge es nach Yves Kaluzny, einem Direktor der französischen Atomenergiebehörde, sollten sich Atomkraftbetreiber bei Exporten in Schwellenländern am Besten um den gesamten Produktionszyklus kümmern: "Wiederaufbereitung, Endlagerung - alles in einer Hand. Das wäre billiger und sicherer, und es würde auch verhindern, dass spaltbares Material in die falschen Hände gerät".

Allerdings gebe es in Europa bei der Endlagerung "ein Akzeptanzproblem". Fernando Naredo vom Atomanlagenbauer Westinghouse räumt ein, dass die nationalen Sicherheitsbehörden in vielen Schwellenländern nicht überzeugend arbeiten. In Frankreich aber sei das aber vor 20 Jahren auch nicht anders gewesen.

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