Finanzkrise trifft Finanzbranche: Bankangestellte zittern um ihre Jobs

325.000 Arbeitsplätze wurden in der Finanzbranche durch die Krise bisher vernichtet, und es werden noch mehr. Betroffen sind vor allem Angestellte mit geringen Einkommen.

"Schatz, ich bin jetzt arbeitslos!" - allein die Citigroup mit Hauptsitz in New York hat bereits 75.000 Arbeitsplätze gestrichen. Bild: reuters

Mit Mitleid können Angestellte in der Finanzbranche derzeit nicht rechnen - dabei hätten sie es mehr als dringend nötig. Die Finanzkrise macht vor den Unternehmen, die sie verursacht haben, nicht halt. Das ist das Ergebnis einer Studie der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, die am Mittwoch in Genf vorgestellt wurde.

325.000 Arbeitsplätze sind dem Report zufolge seit August 2007 in der Finanzwirtschaft verloren gegangen. Allein in den letzten drei Monaten wurde der Abbau von 130.000 Stellen angekündigt. Und die Krise dürfte sich noch beschleunigen, sagte Elisabeth Tinoco von der ILO. "Die bisherigen Zahlen geben die Situation mit einiger Wahrscheinlichkeit noch zu positiv wieder."

Die Krise vernichtet vor allem gering und mittel bezahlte Jobs. Entgegen der öffentlichen Meinung machen diese einen erheblichen Anteil der Beschäftigten aus. Zudem sind laut Tinoco alle Berufsgruppen betroffen: "von Managern über Kundenberater bis zu Verwaltungsangestellten und EDV-Technikern". Die Letzteren trifft es besonders hart. Schätzungen zufolge droht insgesamt 50.000 von ihnen bis Ende 2009 die Entlassung.

Besonders dramatisch ist die Lage in London und New York, wo sich vor der Krise das Investmentbanking zentrierte. So gehen die ILO-Experten davon aus, dass in New York bis zu 100.000 Jobs, in London sogar rund 200.000 Jobs in der Finanzbranche verloren gehen könnten. Allein die Citigroup mit Hauptsitz in New York hat bereits 75.000 Arbeitsplätze gestrichen - genauso viele, wie die Deutsche Bank insgesamt hat.

Neben Pleiten und Konsolidierungen macht sich in London und New York aber auch besonders bemerkbar, dass Banken aus aller Welt ihr Personal im Investmentbanking abziehen, weil es nicht mehr gebraucht wird.

Bei den deutschen Finanzunternehmen ist die Situation noch nicht so schlimm. Aber auch hier macht sich die Krise bemerkbar. So kündigte die Commerzbank den Abbau von 6.500 Stellen in Deutschland an, bei der BayernLB sollen 5.000 Jobs wegfallen, die WestLB streicht 1.500, die Deutsche Bank 1.400, die HSH Nordbank 1.100 Jobs.

Das Problem für jobsuchende Bankmitarbeiter: Neue Arbeitsplätze gibt es fast keine, sagt Sigrid Betzen vom Deutschen Bankangestellten-Verband. "Vor einigen Monaten hatten Vertriebler zumindest noch Chancen, aber auch da geht jetzt nichts mehr." Weil die Banken nicht mehr einstellen, versucht die Gewerkschaft mit allen Mitteln, so viele Jobs wie möglich zu retten. Sorgen macht Betzen aber vor allem die Stigmatisierung der Bankangestellten. Der Großteil trüge an der Krise keine Schuld. "Es gibt immer schwarze Schafe", aber die Allermeisten würden sich immer bemühen, ehrlich und gut zu arbeiten.

Da der Finanzsektor auf jeden Fall zunächst weiter schrumpfen wird, fordern die ILO-Experten Umschulungen und eine soziale Absicherung für die Arbeitnehmer. Sie warnen aber davor, Vorruhestand zu fördern. Das schädige den Arbeitsmarkt und fördere Arbeitslosigkeit im Alter.

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