Regierung beschließt Investitionskontrolle: Gegen die Angst vor dem Ausverkauf

Wenn die "öffentliche Sicherheit" Deutschlands durch Investitionen ausländischer Staatsfonds beeinträchtigt werden könnte, muss künftig das Wirtschaftsministerium den Gefahrengrad prüfen.

Hapag-Lloyd-Mitarbeiter protestieren gegen einen Verkauf ihres Unternehmens an einen Staatsfonds aus Singapur. Das geplante Gesetz würde in ihrem Falle eh' nicht greifen. Bild: rtr

Die Bundesregierung will deutsche Firmen besser vor Übernahmen durch unliebsame Investoren aus dem Ausland schützen. Dazu hat das Kabinett am Mittwoch eine Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes verabschiedet. Damit kann die Regierung künftig das Engagement eines ausländischen Investors von mehr als 25 Prozent an einem deutschen Unternehmen untersagen. Voraussetzung für ihr Einschreiten soll sein, dass durch den Beteiligungskauf eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Deutschland gesehen wird.

Hintergrund für die Entscheidung ist die seit über einem Jahr geführten Debatte, wie sich der wachsende Einfluss staatlicher Investmentfonds etwa aus China oder Russland begrenzen lässt. Die Staatsfonds verfügen zurzeit über ein Vermögen von 3.700 Milliarden US-Dollar, schätzt die DZ Bank in einer Studie. Auch wenn es bislang noch keine wirklich schlechten Erfahrungen mit staatlichen Investoren gibt, will die Bundesregierung nun eine gesetzliche Grundlage schaffen, um den Ausverkauf wichtiger Branchen sowie den unerwünschten Abfluss technologischen Know-hows zu verhindern. Im Fokus stehen dabei vor allem Investoren, die nicht aus der EU stammen.

Den Rahmen für die deutsche Gesetzesnovelle gibt die europäische Rechtsprechung vor. Schon heute erlaubt der Europäische Gerichtshof (EuGH) staatliche Investitionskontrollen in den Sektoren Telekommunikation und Energie. Laut Außenwirtschaftsgesetz darf die Bundesregierung bislang jedoch nur beim Verkauf deutscher Rüstungsfirmen mitreden. In dem Gesetzentwurf heißt es nun, dass das Wirtschaftsministerium eine Investition untersagen kann, wenn eine "tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt".

Das Kriterium "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit", löste vor allem bei Wirtschaftsverbänden heftige Kritik aus. "Die Novelle ist so formuliert, dass Unternehmen im Vorfeld nicht erkennen können, ob sie mit dem Verbot einer Investition rechnen müssen oder nicht", meint etwa Heiko Willems vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Tatsächlich kann das Wirtschaftsministerium laut Gesetz bis zu 3 Monate nach einer Investition eine Prüfung einleiten und diese im Nachhinein rückgängig machen - sofern es die öffentliche Sicherheit gefährdet sieht.

Der BDI hält das für einen Gummiparagrafen, dessen willkürliche Auslegung Unternehmen schaden könne. Willems: "Das Gesetz ist so schwammig formuliert, dass es in der Wirtschaft vor allem Unsicherheit erzeugt." Dadurch könnten Investoren abgeschreckt werden.

Auch die Opposition im Bundestag ist von den beschlossenen Investitionskontrollen wenig angetan. Grüne und FDP sprachen sich gegen die Novelle aus, weil sie ausländische Unternehmen abschrecke. Kerstin Andreae, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, warnte davor, "mit einem populistischem Generalverdacht gegen ausländische Investoren notwendige Investitionen zu gefährden".

Ulla Lötzer von der Fraktion Die Linke geht das Gesetz wiederum nicht weit genug. Sie hält es für "halbherzig" und forderte einen speziellen Schutz für öffentliche Infrastruktur.

Die Bedenken hält Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) für unbegründet. Die Regelungen beschränkten sich auf "extreme Ausnahmefälle", sagte der Minister am Mittwoch in Berlin. Die Regierung habe lediglich die "Rechtsgrundlage für ein Instrument geschaffen, wie es auch andere bedeutende Industrienationen haben". Er sei für eine sehr liberale Regelung eingetreten, das Vorhaben richte sich auch ganz ausdrücklich nicht gegen Staatsfonds. Glos erwartet, dass das Gesetz spätestens Anfang 2009 in Kraft treten kann.

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