10-15 Jahre auf dem Feld: Genraps widersteht Ausrottung
Gentechnisch veränderter Raps kommt auch zehn Jahre nach der Ernte und hartnäckiger Bekämpfung noch auf dem Feld vor. Das haben schwedische Wissenschaftler nun belegt.
BERLIN taz Es gibt ihn als Speiseöl, als Kraftstoff und gentechnisch verändert auf Feldern - den Raps. Nun hat eine schwedische Forschergruppe festgestellt, dass ein Ende der Bewirtschaftung mit gentechnisch veränderten Pflanzen keineswegs ein gentechnikfreies Feld bedeutet. Noch zehn Jahre nach der Aussaat fanden sie auf einem Versuchsfeld Samen der gentechnisch veränderten Pflanzen oder ihrer Nachkommen - in keimfähigem Zustand.
Der Versuch begann 1995. Eine Biotechfirma säte gentechnisch veränderten Raps auf einem kleinen Feld auf der Lönnstrop-Versuchsfarm - darunter auch eine Sorte, die gegen das Pflanzengift Glufonisat resistent ist. Nach der Ernte sollten Chemikalien Reste von Rapspflanzen und Unkräutern beseitigen. Zwei Jahre später durchkämmten Biologen das Feld und entfernten nochmals nachgewachsenen Raps. Außerdem pflanzten sie abwechselnd Weizen, Gerste und Zuckerrüben und pflügten den Boden regelmäßig - ein Arbeitsaufwand, der nach Ansicht der Wissenschaftler bei einem landwirtschaftlich genutzten Feld sehr ungewöhnlich wäre. Trotzdem: Zehn Jahre danach fand das Team der Lund-Universität 38 Rapspflanzen, 15 davon mit der gentechnisch verursachen Glufonisat-Resitenz.
"Wir wussten zwar, das zwischendurch spontan wachsende Rapspflanzen entdeckt wurden, aber wir dachten, dass mittlerweile alle Samen verschwunden wären", sagte Tina D'Hertefeldt, die Leiterin der Studie. Für die Wissenschaftler heißt das aber nicht unbedingt, dass gentechnisch veränderte Pflanzen insgesamt resistenter gegen Umwelteinflüsse sind. "Raps ist einfach eine sehr widerstandsfähige Pflanze", erklärt D'Hertefeldt. Das bestätigt auch Andreas Bauer, Gentechnikexperte vom Umweltinstitut München. "Bei Raps ist durchaus eine Dormanz von 15 Jahren zu erwarten." Mit Dormanz meinen Biologen die Samenruhe. Der Keim keimt bei ungünstigen Bedingungen einfach nicht. Sprießt zwischendurch nur eine einzige Pflanze, hinterlässt sie wiederum Samen mit einer Dormanz von rund 15 Jahren.
Kritiker sehen daher in der Studie einen weiteren Beleg dafür, dass gentechnisch veränderte Pflanzen eine Rückkehr zur konventionellen oder ökologischen Landwirtschaft unmöglich machen würden. Zwar darf laut der EU-Verordnung aus dem vergangenen Jahr auch in Bioprodukten ein Gentechnikanteil von bis zu 0,9 Prozent enthalten sein. Das gelte aber nur für zufällige oder technisch nicht vermeidbare Verunreinigungen, erklärt Bauer. Ob eine Art der Verunreinigung wie bei der Studie "vermeidbar" wäre, müssen im Zweifelsfall die Gerichte klären.
Studienleiterin D'Hertefeldt kann sich derweil vorstellen, in ein paar Jahren noch mal zu dem Feld zu kommen. Und zu schauen, wie viele Rapspflanzen sie dann findet.
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