Vorstandschef verlässt ProSieben Sat.1: Guillaume de Posch schmeißt hin

Der Chef der ProSieben Sat.1 Media AG geht. Ihm wird vorgeworfen, trotz hoher Schulden erhöhte Dividenden für die Investoren nicht verhindert zu haben.

Guillaume de Posch bei der schwierigen Hauptversammlung der ProSiebenSat1 Media AG vor einer Woche. Bild: ap

BERLIN taz Vor einer Woche saß er noch auf der Hauptversammlung seiner AG, als könne ihn kein Wässerchen trüben und saß Kleinaktionärs-Attacken wegen zu hoher Dividenden aus. Gestern schmiss Guillaume de Posch, zuletzt reichlich glückloser Vorstandschef der ProSieben Sat.1 Media AG, hin. Der Aufsichtsrat hätte sich mit seinem Vorstandsvorsitzenden einvernehmlich darauf verständigt, dass de Posch "das Unternehmen auf eigenen Wunsch zum 31. Dezember 2008 verlassen" werde, heißt es in einer gestern nachmittag veröffentlichten Konzern-Meldung. Der Belgier de Posch steht seit vier Jahren an der Spitze der Senderholding (ProSieben. Sat.1, Kabel 1, N 24, Neun live) und war noch von Vorbesitzer Haim Saban als Nachfolger des Schweizers Urs Rohner geholt worden.

Ähnlich wie dieser war er mit dem deutschen Fernsehmarkt nie wirklich warm geworden. Neben anderen Privatfernsehbossen wie RTL-Chef Gerhard Zeiler oder dem ProSieben-Gründer und späteren Premiere-Chef Georg Kofler wirkte de Posch stets wie ein reiner Technokrat. Als solcher war er immer mehr Vollstrecker seiner Herren denn Medienunternehmer mit eigener Vision: De Posch lenkte die Senderfamilie nach dem Verkauf durch Saban an die Investmenthäuser KKR und Permira durch Personalabbau und rigide Sparkurse, entmachtete den schwächelnden Hauptstadtsender Sat.1, der seitdem aus der Konzernzentrale in München so gut wie ferngesteuert wird und trimmte alles auf Rendite.

Der Konzern fuhr so 2006 ein Rekordergebnis ein, doch schon seit dem Folgejahr stehen die Zeichen auf Abwärts: 2007 verkauften die ProSieben-Neubesitzer KKR und Permira ihrem eigenen Laden die Sendergruppe SBS Broadcasting, die ihnen praktischerweise ebenfalls ehörte. SBS umfasstüber 20 Fernseh- und noch einmal so viele Radiosender in Skandinavien, den Beneluxstaaten und Osteuropa. Das ehrgeizige Ziel: Die neue, große ProSiebenSat.1-AG sollte als europaweiter Medienkonzerns endlich dem bisherigen TV-Marktführer RTL-Group Paroli bieten. Doch schon damals mokierten Brancheninsider, dass ProSieben mit über drei Milliarden Euro ein völlig überzogener Preis für SBS aufgebürdet wurde. An den entsprechenden Schulden kaut der Konzern seitdem, zu allem Überfluss brachen 2007 auch die Quoten - und damit die Werbeeinnahmen - vor allem bei Sat.1 ein.

Im Frühjahr warf das Manager Magazin de Posch vor, untätig zuzusehen, wie der deutsche Unternehmenskern der AG immer rücksichtsloser gemolken werde. Ein Indiz: Trotz Schuldenstand von 3,4 Milliarden Euro genehmigten sich die Inhaber-Investoren kräftig erhöhte Dividenden - in Höhe von insgesamt 270 Millionen Euro. Nun hat de Posch offenbar das Handtuch geworfen, zuvor war bereits der langjährige Finanzvorstand Lothar Lanz ausgeschieden, der seit Kirch-Zeiten an Bord war und allseits hohes Ansehen genoss. Die ProSiebenSat.1 AG will nun "verstärkt" nach einen neuen Vorstandschef suchen. Viel zu sagen hat er nicht. Dafür rückt Andreas Bartl, seit Mai Chef der in der German Free-TV Holding GmbH zusammengefassten deutschen Sender des Konzerns auf: Er wurde mit sofortiger Wirkung in den AG-Vorstand berufen.

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