Illegaler Kampf gegen Konkurrenz: Intel büßt mit 1 Milliarde Euro Strafe

Intel gewährte Firmen wie hp, Dell, Media-Markt und Saturn besondere Rabatte, damit sie den Konkurrenten AMD weitgehend aus dem Sortiment warfen. Die EU unterbindet nun diese illegale Praxis.

Bakschisch inside: Wettbewerbskommissarin Kroes zeigt Intel die Grenzen. Bild: ap

BRÜSSEL ap/reuters | Der Chiphersteller Intel wollte nach Ansicht der EU-Kommission seinen Konkurrenten AMD mit unerlaubten Mitteln vom Markt drängen und soll deswegen eine Rekordstrafe von 1,06 Milliarden Euro zahlen.

"Intel hat Millionen europäischer Verbraucher geschadet, indem es viele Jahre lang gezielt versucht hat, Wettbewerbern den Zugang zum Computerchipmarkt zu verwehren", sagte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. "Ein derart schwerer und anhaltender Verstoß gegen das EU-Kartellrecht kann nicht hingenommen werden." Intel will gegen die Entscheidung vor Gericht ziehen.

Die Kommission hatte die Untersuchung vor rund acht Jahren auf die Beschwerde von AMD hin begonnen, dem zweitgrößten Chip-Hersteller nach Intel. Mit Intel-Chips sind 80 Prozent der Computer ausgestattet, AMD hat noch einen Marktanteil von zwölf Prozent.

Nach Ansicht der EU-Kommission versuchte das Unternehmen über Jahre in rechts- und wettbewerbswidriger Weise, AMD vom Prozessorenmarkt zu drängen. Der weltweite Marktführer habe Herstellern Rabatte gewährt, wenn sie fast alle Hauptprozessoren (CPU mit x86-Architektur) von Intel bezogen, erklärte Kroes.

Dabei hätten Acer, Dell, HP, Lenovo und NEC mitgemacht. Die Hersteller wurden zudem dafür bezahlt, Produkte mit AMD-Prozessoren erst später einzuführen oder nur an bestimmte Kundengruppen zu verkaufen.

Die Metro-Tochter MediaMarkt kassierte Geld dafür, dass sie nur Computer mit Prozessoren von Intel führte. Der Einzelhändler und die Hersteller würden dennoch nicht bestraft. "Sie sind selbst Opfer", sagte Kroes.

Intel muss Praxis künftig ändern

Die Kommission wandte sich mit ihrer Entscheidung nicht gegen die Rabatte an sich, sondern gegen die Bedingungen, die Intel an die Rabatte knüpfte, wie Kroes betonte. Die EU verlangt von dem Unternehmen auch den Verzicht auf bestimmte Verkaufspraktiken, nannte aber keine Details.

Die gewährten Rabatte waren nach Erkenntnissen der EU so hoch, dass AMD seine Chips unter Wert hätte verkaufen müssen, um mit Intel mitzuhalten. Einem Hersteller bot AMD etwa zum Beispiel eine Millionen kostenlose Chips an. Der PC-Produzent musste auf das Angebot verzichten, weil er sonst Intel-Rabatte für mehrere Millionen Prozessoren verloren hätte. Er nahm von AMD deswegen nur 160.000 Chips ab.

Kroes zufolge wollte Intel Praktiken wie diese verheimlichen. Die Ermittler seien der Firma nur mit Hilfe überraschender Durchsuchungen in den betroffenen Unternehmen auf die Spur gekommen.

Intel: "Der Endverbraucher hat absolut keinen Schaden erlitten"

Intel-Chef Paul Otellini kündigte umgehend an, Berufung gegen die Entscheidung der EU einzulegen. "Der Endverbraucher hat absolut keinen Schaden erlitten", erklärte der Manager. Die gewährten Rabatte hätten die Produkte unterm Strich für die Kunden verbilligt.

Außerdem habe Intel niemals Produkte unterhalb der Herstellungskosten verkauft. Otellini erklärte, es sei normal in einem Markt mit nur zwei Anbietern, dass einer Marktanteile verliere, wenn der andere sie gewinne. Der Markt belohne eben gute Leistung.

Der Bundesverband Verbraucherzentrale (vzbv) ist da ganz anderer Ansicht. "Ein funktionsfähiger Wettbewerb ist für Verbraucher unerlässlich." Die Strafe sei "ein Erfolg im Kampf gegen unredliche Geschäftspraktiken".

Intel hat drei Monate Zeit, die Strafe zu bezahlen. Otellini ergänzte, trotz der rechtlichen Schritte werde der Konzern die EU-Entscheidung befolgen. Nach Einschätzung von Analysten verfügt Intel über Barmittel von zehn Milliarden Dollar.

AMD zeigte sich dagegen erfreut. "Mit dieser Entscheidung wird der Monopolist in seine Schranken gewiesen", erklärte der für Europa und Asien zuständige Manager Giuliano Meroni. AMD betreibt ein großes Chipwerk in Dresden. Die Intel-Geschäftspraktiken hatten die Folge, dass die Mitarbeiter der Fabrik beim wichtigsten Computerhändler in der Stadt kein Gerät mit einem Prozessor ihrer Firma kaufen konnten.

Rekordstrafe für Microsoft noch übertroffen

Die 1,06 Milliarden Euro Geldbuße sind eine Rekordsumme. Bereits im vergangenen Jahr wurde der Softwarekonzern Microsoft zur Zahlung von 899 Millionen Euro verurteilt. Das Duo beherrscht mit den x86-Prozessoren von Intel und dem Betriebssystem Microsoft Windows seit vielen Jahren den globalen PC-Markt.

Europa ist mit einem Anteil von 30 Prozent der weltweiten PC-Verkäufe ein sehr wichtiger Markt. Die Kommission hätte mit der Geldbuße sogar noch höher gehen können: Möglich ist eine Strafe von maximal 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes, der bei Intel knapp 28 Milliarden Euro beträgt.

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