Übernahme durch Berggruen: Karstadt wieder im Geschäft

Das Bangen bei Karstadt hat ein Ende. Privatinvestor Nicolas Berggruen kriegt den Zuschlag für die insolventen Kaufhauskette. Er hatte erklärt, alle 25.000 Jobs erhalten zu wollen.

Kannst es haben! Karstadts Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg (mit Brille) mit dem zukünftigen Besitzer Nicolas Berggruen. Bild: dpa

ESSEN dpa/rtr | Eine fast einjährigen Zitterpartie für die 25.000 Karstadt-Mitarbeiter ist zuende: Seit dem Insolvenzantrag für Karstadt am 9. Juni vergangenen Jahres war klar, dass es für den traditionsreichen Warenhauskonzern ums Überleben geht. Mit dem Zuschlag für den 48jährigen Privatinvestor Nicolas Berggruen ist ein weiterer Arbeitsplatzabbau bei Karstadt erst einmal vom Tisch. Gemeinsam mit den Beschäftigten werde er im kommenden Jahr das 130-jährige Jubiläum von Karstadt feiern, kündigte Berggruen am Montagabend in Essen an.

Der Entscheidung des elfköpfigen Gläubigerausschusses waren dramatische Wochen vorausgegangen. Immer wieder war das Votum der Karstadt-Gläubiger verschoben worden. Gerüchte hatten die Runde gemacht und immer wieder Ungewissheit über die Zukunftsperspektiven der bundesweit 120 Karstadt-Warenhäuser geschürt.

Bis zur letzten Minute hatte es auch am Montag noch ein erbittertes Bieterrennen um Karstadt gegeben. Nach Angaben des Sprechers von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg, Thomas Schulz, hatten sich Berggruen und der deutsch-skandinavische Investor Triton ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert.

Die Gewerkschaft Verdi hatte Berggruen dagegen bereits zum Beginn der achtstündigen Sitzung in der Essener Karstadt-Zentrale öffentlich zu ihrem Favoriten erklärt. Als dritter Interessent hatte auch das mehrheitlich zu Goldman Sachs gehörende Karstadt-Vermieter- Konsortium Highstreet eine Offerte abgegeben. Alle drei Bieter hatten ihre Angebote erst unmittelbar vor Beginn der Sitzung noch einmal nachgebessert.

Die Warenhaus-Vermieter Highstreet scheinen allerdings nach ihrer Niederlage nicht zu weiteren Konzessionen bei den Mieten bereit zu sein, wie Berggruen sie gefordert hatte: "Wir bleiben unverändert bei den Konditionen unseres Angebots", betonte ein Sprecher. So gibt es also noch einige Fragen zu klären, bis der Vertrag endgültig unterschrieben werden kann. Auch muss das Bundeskartellamt den Zuschlag an den Investor noch billigen.

Immer wieder war die zunächst für Ende April geplante Entscheidung verschoben worden, zunächst auf den 28. Mai, dann noch einmal auf den 7. Juni. Auch die Frist für die Unterzeichnung eines Kaufvertrags wurde auf den 9. Juni verlängert. "Letztmalig", wie Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg geradezu beschwörend betont hatte.

Berggruen, Sohn des während der Nazi-Diktatur emigrierten Berliner Kunstsammlers und Mäzens Heinz Berggruen, investiert weltweit in Immobilien und andere Branchen wie etwa erneuerbare Energien. Eigenen Worten zufolge legt er dabei Wert auf langfristige Engagements.

Für sein Karstadt-Angebot hatte sich Berggruen als industriellen Partner den weltweit aktiven Textilunternehmer Max Azria ins Boot geholt. Er wolle dem Konzern "frische und attraktive Perspektiven" eröffnen, hatte Berggruen angekündigt. Ihm gehe es darum, die "Kultmarke Karstadt" und die 25.000 Arbeitsplätze zu retten.

Mit Sanierungen hat der Investor bereits Erfahrungen gesammelt: Ende 2007 hatte Berggruen wesentliche Teile des in die Insolvenz gegangenen Möbelherstellers Schieder aus Westfalen übernommen und fortgeführt.

Denn der Insolvenzverwalter wusste bereits, dass die Zeit für Karstadt drängt. Wie im Handel üblich, muss auch der Essener Warenhausriese bereits mit mehreren Monaten Vorlauf seine Bestellungen für das Wintergeschäft abgeben. Ansonsten hätten schon bald Lücken in den Regalen gedroht. Es sei nun darum gegangen, sagte Görg, "zügig stabile Rahmenbedingungen für alle Beteiligten – insbesondere für die Lieferanten" sicherzustellen.

Nach dem Aus der zweiten großen Arcandor-Handelstochter Quelle im vergangenen Jahr hatte Görg alles daran gesetzt, wenigstens die Rettung von Karstadt zum Erfolg werden zu lassen. Dabei hatte er für alle Interessenten zur Bedingung gemacht, dass das Unternehmen als Ganzes erhalten werden müsse.

Einer Übernahme lediglich von Teilen der Warenhauskette, wie sie der Düsseldorfer Metro-Konzern ins Spiel gebracht hatte, hatte er dabei eine Absage erteilt. Eine riskante Strategie, die nun aber, wie es aussieht, erfolgreich war.

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