Konkurrenten siegen im Rechtsstreit: Oberstes Gericht kippt Postmindestlohn

Die Beteiligungsrechte der Post-Wettbewerber wurden nicht gewahrt: Der Mindestlohn für Briefzusteller ist damit nun unwirksam.

Der Post-Mindestlohn ist rechtswidrig entschied das Bundesverwaltungsgericht. Die Kläger, wie Post-Konkurrent PIN seien in ihren Beteiligungsrechten verletzt worden. Bild: dpa

Der vor zwei Jahren beschlossene Postmindestlohn ist rechtswidrig, weil es im Vorfeld auf Seiten der Bundesregierung Verfahrensfehler gab. Dies entschied am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht. Es gab damit der Klage mehrerer Konkurrenten der Deutschen Post AG statt. Sie hatten gegen den ihrer Ansicht nach zu hohen Mindestlohn geklagt.

Der Fehler kam zustande, weil Ende 2007 extremer Zeitdruck herrschte. Die große Koalition hatte sich darauf geeinigt, dass ab Januar 2008 der Briefmarkt liberalisiert wird. Im Gegenzug sollte zeitgleich ein Mindestlohn fürs Postgewerbe eingeführt werden, damit die neuen Postkonkurrenten nicht mit extremen Dumpinglöhnen der Post Kunden abwerben können.

Im September 2007 einigte sich die Gewerkschaft Ver.di mit dem von der Post AG dominierten Arbeitgeberverband Postdienste (AGV) auf einen Mindestlohn für Zusteller von 9,80 Euro im Westen und 9 Euro im Osten.

Dieser Mindestlohn sollte ursprünglich für alle Unternehmen gelten, die Briefe verteilen. In der Folge gab es heftige Proteste der Zeitungsverleger, die mit ihren Zustelldiensten ebenfalls ins Postgeschäft einsteigen wollten. Aus Angst vor den Verlegern machte die Bundesregierung Druck, weshalb AGV und Ver.di ihren Tarifvertrag schnell noch abänderten. In der neuen Version sollte der Postmindestlohn nur für Unternehmen gelten, die "überwiegend" Briefe verteilen.

Diesen abgemilderten Tarifvertrag erklärte dann Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) im Dezember 2007 für allgemeinverbindlich, das heißt, er sollte auch für die Postkonkurrenten, insbesondere die neuen Unternehmen PIN und TNT gelten. Wegen des Zeitdrucks - der Mindestlohn sollte ja schon zu Beginn der Liberalisierung am 1. 1. 2008 gelten - verzichtete Scholz allerdings darauf, Arbeitgeber und Gewerkschaften nach Änderung des Tarifvertrags noch einmal neu anzuhören.

Darin sah das Bundesverwaltungsgericht jetzt einen wesentlichen Verfahrensfehler. Denn die Herausnahme der Zeitungs-Unternehmen aus dem Mindestlohn-Tarifvertrag sei eine wesentliche Änderung gewesen, die zu einer Ungleichbehandlung von Konkurrenten führte. Dazu hätten alle Betroffenen, insbesondere die neuen Postkonkurrenten PIN und TNT respektive ihre Verbände, unbedingt angehört werden müssen, so die Richter.

Die Entscheidung kommt in der Begründung überraschend. Zwar war Olaf Scholz Postmindestlohn-Verordnung im März 2008 bereits vom Verwaltungsgericht Berlin für rechtswidrig erklärt worden. Damals ging es allerdings um eine andere Frage. Die untere Instanz hatte bemängelt, dass die Verordnung abweichende Billig-Tarifverträge verdrängte, die die Verbände der neuen Postzusteller mit schnell gegründeten abhängigen Scheingewerkschaften geschlossen hatten. Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin hatte dies im Dezember 2008 beanstandet. Doch in Leipzig spielte dies jetzt keine Rolle mehr.

Die Postmindestlohn-Verordnung ist auch nach dem gestrigen Urteil noch in Kraft. Sie tritt erst außer Kraft, wenn die neue Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sie aufhebt. Ende April läuft sie - mit dem Tarifvertrag - allerdings ohnehin aus. Faktisch hat die Mindestlohn-Verordnung aber auch in der Vergangenheit auf dem Postmarkt keine große Rolle gespielt. Denn mit Blick auf den anhängigen Rechtsstreit wurden Verstöße von der zuständigen Finanzkontrolle Schwarzarbeit eh nicht bestraft. Ab April wird ein neuer Mindestlohn ausgehandelt.

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