Zehn Schritte für ländliche Entwicklung: So bekämpft man den Hunger richtig

Eine Politikanleitung der Welthungerhilfe stellt die Hilfe zur Selbsthilfe in den Vordergrund. Vor allem müsse die heimische Produktion von Nahrungsmitteln gefördert werden.

Lokale Anbaupraktiken und Produktionsweisen sollen berücksichtigt und verbessert werden. Bild: rtr

1. Nahrungsmittelhilfe muss Entwicklungsmaßnahmen zur Ernährungssicherheit nach sich ziehen. Kurzfristige Nahrungsmittelhilfe muss nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe in eine nachhaltige Selbstversorgung münden. In Verbindung mit Nahrungsmittelhilfe müssen Beschäftigungs- und Sozialprogramme konzipiert werden, die helfen, die ländliche Infrastruktur langfristig zu verbessern, die Erträge zu erhöhen und neue Märkte zu erschließen.

2. Ländliche Entwicklung muss wieder ein Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit werden. Es müssen wieder mehr Gelder für die Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Zwei von drei Hungernden leben auf dem Land. Während vor 25 Jahren 17 Prozent der Entwicklungshilfe der OECD-Staaten für die Landwirtschaft ausgegeben wurde, waren es 2007 weniger als 4 Prozent, in Deutschland nur 0,7 Prozent.

3. Der Anstieg der Nahrungsmittelpreise muss als Chance genutzt werden, um die heimische Produktion von Nahrungsmitteln und ihre Vermarktung in den Entwicklungsländern anzukurbeln und die ländlichen Gebiete wieder wirtschaftlich produktiver und damit attraktiver zu machen. Hier stehen vor allem die Regierungen der Entwicklungsländer in der Pflicht. Sie müssen in die ländliche Infrastruktur investieren, Bauernorganisationen fördern, den Zugang zu Land und Produktionsmitteln (Dünger, Saatgut, Kredite) ermöglichen, die Weiterverarbeitung verbessern sowie das Transportwesen und die Lagerhaltung fördern.

4. Agrarforschung und -beratung müssen wieder größeres Gewicht bekommen, um weltweit die Produktion und die Produktivität zu steigern und die Reserven an Nahrungsmitteln wieder aufzufüllen. Lokale Anbaupraktiken und Produktionsweisen müssen berücksichtigt werden, um angepasste Lösungen zu erarbeiten.

5. Investitionen in Bildung und Gesundheit sind nötig. Je höher der Bildungsgrad, desto besser der Ernährungsstatus. Und nur gesunde Menschen sind in der Lage, ihre Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen.

6. Es müssen faire Handelsbedingungen für die Entwicklungsländer geschaffen werden. Die Importrestriktionen der EU und anderer Industrieländer für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern sollten aufgehoben werden. Außerdem sollten die Agrarexportsubventionen der Industrieländer vollständig abgebaut werden.

7. Es müssen soziale Sicherungssysteme geschaffen werden, um die Bedürftigen im Krisenfall abzusichern. Während Menschen in Ländern wie Deutschland durch soziale Sicherungssysteme vor absoluter Armut geschützt sind, bedeuten Krisen in Entwicklungsländern meist den freien Fall in Armut und Hunger. Traditionelle Sicherungssysteme, die vor allem auf familiäre Solidarität beruhen, reichen nicht aus.

8. Auf Importen aus Entwicklungsländern basierende Biokraftstoffproduktion in den Industrieländern sollte ausgesetzt und überdacht werden. Energiepflanzen dürfen nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmittelpflanzen treten. Klimaschutzziele müssen vielmehr durch Energiesparen, Effizienzsteigerung und innovative Verfahren der Energiegewinnung in den Verursacherländern erzielt werden.

9. Die Verbraucher in den Industrieländern müssen sich an höhere Nahrungsmittelpreise gewöhnen. Landwirtschaft muss sich auch ohne Subventionen tragen. Außerdem leisten fair gehandelte Produkte einen konkreten Beitrag zum Einkommen der Bauern in Entwicklungsländern.

10. Nichtstaatliche Organisationen müssen gestärkt werden. Sie tragen dazu bei, dass sich die Bauern besser organisieren. Sie vertreten auch deren Interessen gegenüber den Regierungen. In Staaten ohne funktionierende Regierung übernehmen sie in ländlichen Gebieten die Aufgaben staatlicher Institutionen.

Leicht gekürzt aus dem neuen Papier "Den Hunger beenden - jetzt!" der Deutschen Welthungerhilfe

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