Siemens streicht 17.000 Arbeitsplätze: So sozialverträglich wie möglich

Der Elektrokonzern will weltweit 17.000 Arbeitsplätze streichen, darunter mehr als 5.000 in Deutschland. Dabei sind auch Kündigungen nicht ausgeschlossen. Die Belegschaft droht mit Streiks.

Rotstift trotz voller Auftragsbücher: Kündigungen nicht ausgeschlossen. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa/taz Siemens setzt radikal den Rotstift an: Der Elektrokonzern will weltweit fast 17.000 Arbeitsplätze streichen; 5.250 sollen in Deutschland wegfallen. In Vertrieb und Verwaltung sollen die Kosten um 1,2 Milliarden Euro gesenkt werden, dort sollen bis 2010 rund 12.600 Stellen abgebaut werden. Die übrigen 4.150 der insgesamt 16.750 betroffenen Stellen fielen im Zuge des Umbaus von Geschäftsbereichen weg, kündigte der Vorstand am Dienstag in München an. In Deutschland seien besonders die größten Siemens-Standorte Erlangen, München, Nürnberg und Berlin betroffen. In Erlangen und Nürnberg reagierten Gewerkschafter, Betriebsräte und Kommunalpolitiker mit Empörung und Unverständnis. Der Nürnberger IG-Metall-Sekretär Rudi Lutz sagte: "Es herrscht sehr viel Frust."

Konzernchef Peter Löscher verteidigte die Stellenkürzungspläne: "Die Geschwindigkeit, mit der sich das Geschäft weltweit verändert, hat erheblich zugenommen, wir stellen Siemens darauf ein." Er betonte: "Wir müssen jetzt handeln und unsere Kosten verringern, damit wir uns dann, wenn der Kampf um die Kunden härter wird, voll darauf konzentrieren können."

Wie sich die Pläne auf die betroffenen Standorte im Einzelnen auswirkten, sei Gegenstand der weiteren Beratungen mit den Arbeitnehmervertretern, sagte Siemens-Personalvorstand Siegfried Russwurm. Die Verhandlungen sollten nun rasch aufgenommen werden, um den Stellenabbau "so sozialverträglich wie möglich zu gestalten". Aber auch betriebsbedingte Kündigungen schloss er nicht aus. Diese könnten aber nur "das allerletzte Mittel sein", erklärte Russwurm. Der Siemens-Konzern beschäftigt weltweit etwa 420.000 Mitarbeiter, davon rund 130.000 in Deutschland. Zuletzt war von einem Wegfall von weltweit mehr als 17.000 Stellen die Rede, davon 6.450 in Deutschland. Vom Stellenabbau sind alle drei der großen Sektoren des Konzerns betroffen, also die Energiesparte, die Medizintechnik und der Industriesektor.

Arbeitnehmervertreter haben ihren Widerstand gegen den Stellenabbau angekündigt und notfalls auch mit Streik gedroht. Seit Montag berieten Vertreter der Unternehmensleitung mit dem Gesamtbetriebsrat im Wirtschaftsausschuss über die Pläne. "Die Personalabbauzahlen halten wir zu hoch - die Firmenleitung konnte nicht begründen, wieso das notwendig sein sollte", kritisierte das Siemens-Aufsichtsratsmitglied und Hamburger Siemens-Betriebsratschefin Birgit Steinborn gegenüber der taz. "Die Streikdrohung steht weiter im Raum."

Empört und enttäuscht reagierten auch Arbeitnehmervertreter und Kommunalpolitiker an den Siemens-Standorten in Erlangen und Nürnberg auf den angekündigten Stellenabbau. "Das ist inakzeptabel für ein Unternehmen mit Milliardenergebnissen und überfüllten Auftragsbüchern", sagte der Erlanger IG-Metall-Chef Wolfgang Niclas. Erlangens Wirtschaftsreferent Konrad Beugel (CSU) äußerte sich ebenfalls besorgt. Siemens beschäftigt in Erlangen mehr als 22.000 Menschen, in Nürnberg mehr als 9.000.

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