Renate Künast über Genmais-Verbot: "Wir haben Genpollen im Honig"

Die Agrarministerin Aigner kann den Genmais-Anbau schnell verbieten, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast. Dafür müsse die CSU-Politikerin aber gegen die WTO kämpfen.

"Es geht um die Grundsatzfrage, ob man in Deutschland Pflanzen im Boden haben will, die ein gefährliches Gift produzieren." Bild: dpa

taz: Frau Künast, als ihre Vorgängerin kennen Sie das Amt von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner gut. Kann Sie den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einfach verbieten?

Renate Künast: Einfach verbieten, mit dem Argument "Das wollen wir nicht" - das geht nicht. Die Regeln der Welthandelsorganisation WTO sehen vor, dass alles erlaubt ist, solange nicht ein Berg wissenschaftlicher Studien vorliegt, der das Gegenteil nahelegt.

Und welche Handlungsoptionen hat Aigner jetzt?

Nur weil die WTO etwas nicht zulässt, heißt das nicht, dass man es nicht machen kann. Man muss dann nur den Kampf auch durchstehen. Aigner stehen zwei Wege offen. Der eine ist das Monitoring-Verfahren, in dem der Genmais-Hersteller Monsanto belegen muss, dass er sich an die - übrigens unzureichenden - Regeln hält. Darauf setzt Aigner, doch das taugt nichts …

und der zweite Weg?

Sie muss mit den Umweltgefährdungen des BT-Maises und ihren Auswirkungen auf die Imkereien argumentieren. Wir finden Genpollen im Honig, obwohl es für MON 810 keine Zulassung als Lebensmittel gibt. Das berechtigt zumindest zu einer Aussetzung der Sortenzulassung. Damit hätte Aigner ein wenig Luft gewonnen, um grundsätzlich die Frage zu beantworten, was wir eigentlich über MON 810 wissen. Das muss allerdings schnell geschehen, schließlich beginnt die Aussaat von Mais dieser Tage und die Landwirte wollen wissen, woran sie sind.

Warum zaudert Aigner?

Sie steckt fest zwischen Horst Seehofer und seiner Position - Gentechnik ja, aber nicht in Bayern - und dem Forschungsflügel der Union, zu dem sie übrigens bis zur Übernahme ihres Amtes selbst gehörte.

RENATE KÜNAST, 53, ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Unter Rot-Grün war sie 2001 bis 2005 Agrarministerin.

Perspektivisch will sie Länder oder Landkreise über den Anbau von Genpflanzen entscheiden lassen. Ist das eine gute Lösung?

Nein, das ist ein Ablenkungsmanöver. Es geht um die Grundsatzfrage, ob man in Deutschland Pflanzen im Boden haben will, die ein gefährliches Gift produzieren. Das muss Frau Aigner entscheiden, dafür hat sie doch ihr Amt. Eine Bundesregierung kann nicht Themen, für die großer Sachverstand gebraucht wird, auf regionale Ebenen weiterreichen. Soll jetzt jeder Landkreis vier Gentechnik-Experten einstellen? Das geht gar nicht. Außerdem wären die Landkreise dem enormen Druck der Konzerne viel hilfloser ausgesetzt als der Bund.

Was ist also politisch notwendig?

Langfristig müssen wir die Regeln der Welthandelsorganisation ändern. Kurzfristig könnte Deutschland ein nationales Einfuhrverbot aussprechen, wie das übrigens schon andere EU-Länder getan haben. Und es gilt, auf die Macht des Faktischen zu setzen: Wir haben ja noch weitgehend gentechnikfreie Regale, was wir übrigens auch dem Gentechnikgesetz verdanken, das unter Rot-Grün verabschiedet wurde. Nun könnten Städte und Regionen sagen: Wir haben ein Lebens- und Tourismuskonzept, in dem ist Agrogentechnik nicht vorgesehen. Nach dem Motto: Ihr könnt uns mal, mit euren WTO-Regeln.

Hätten Sie das Gentechnikgesetz auch in einer Ampelkoalition durchbekommen? Die FDP ist schließlich die härteste Verteidigerin der grünen Gentechnik.

Als ich mein Gentechnikgesetz im Kabinett Schröder vorgestellt habe, hat der SPD-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement schon gesagt, er werde dagegen kämpfen, da hatte das noch nicht mal eine Drucksachennummer. Dieses Gesetz haben wir Grüne auch gegen den Widerstand der Sozialdemokraten durchgesetzt. Aber wenn die Bevölkerung solch ein Gesetz will und diese Nahrung verweigert, knackt man den Widerstand bei jeder Partei.

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