Discounter-Aktionswaren: Aldi verstößt gegen Arbeitsrechte

Von Billig-Fernseher bis Billig-Schuhputzcreme: Das Gros seiner Aktionswaren lässt Discounter Aldi in China produzieren. Und verletzt dabei scheinbar massiv Arbeits- und Frauenrechte.

Schlechtes Gewissen miteingepackt? Kunde vor Aldi-Filiale. Bild: ap

In dieser Woche liegen in den Filialen des Aldi-Discounters Flachbildschirme für 109 Euro, Kindershirts und -hosen für zusammen 7,99 Euro oder Schuhputztuben für 99 Cent in den Regalen. Zwar erweisen sich die Aktionswaren häufig als Fehlkäufe, wie Stiftung Warentest im letzten Herbst schrieb - sie sind mit Chemikalien belastet oder halten nicht lange. Aber Billiganbieter setzen damit Fachhändler und Kaufhäuser unter Druck.

Ingeborg Wick, Mitarbeiterin des Südwind-Instituts in Siegburg, kritisierte am Dienstag: "Die Schnäppchenhits werden mit systematischen Verletzungen von Arbeitsrechten bei den globalen Zulieferern erkauft." Das zeige eine Studie, für die das Institut Experten in China recherchieren ließ. Diese führten Interviews mit Arbeiterinnen.

Mehr als 40 Prozent der 2.500 Aldi-Aktionswaren jährlich kommen aus China. Eine Südwind-Untersuchung hatte bereits im Frühjahr 2007 katastrophale Bedingungen bei den Textillieferanten in der Provinz Jiangsu offenbart: Nicht selten mussten die Frauen den ersten Monat kostenlos arbeiten und sich mit hohem Lohnverlust davonschleichen, wenn sie gehen wollten. Wick war nun in der Provinz Guangdong. So schlimm wie in Jiangsu sah es dort bei Herstellern von Kosmetik, Kleidung, Haushalts- und Elektronikgeräten nicht aus. Probleme gibt es trotzdem. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von 87 bis 113 Euro im Monat reicht nicht aus, um dort zu überleben. Vor allem Wohnraum ist teuer. Deshalb leben die Arbeiterinnen - 80 Prozent der Belegschaft sind weiblich - in der Regel in Schlafsälen neben der Fabrik, in denen zum Teil Besuchsverbot und nächtliche Ausgangssperren gelten. Die Arbeiterinnen sind gezwungen, Überstunden zu leisten. 12-Stunden-Schichten an sechs oder sogar sieben Tagen pro Woche sind die Regel; in Stoßzeiten sitzen die Frauen schon mal 15 Stunden an den Maschinen. Oft müssen sie in Hitze arbeiten und sind ungeschützt Chemikalien ausgesetzt. Eine unabhängige Arbeitnehmervertretung gab es in keiner der untersuchten Fabriken, und der gesetzlich vorgeschriebene Urlaubsanspruch wurde nirgends gewährt.

Nachdem Aldi früher auf Kritik nicht reagierte, sah sich das Unternehmen nach Veröffentlichung des ersten Südwind-Reports genötigt, der "Business Social Compliance Initiative" beizutreten. Wer dort unterschreibt, verpflichtet sich, bei seinen Lieferanten auf Sozialstandards zu achten. Das reicht dem Südwind-Institut aber nicht, es fordert eine Rechenschaftspflicht für große Unternehmen.

Damit steht das Institut nicht allein da. Das Europaparlament machte 1999 einen solchen Vorschlag, und das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung mit gut 30 Mitgliedsorganisationen plädiert ebenso für verbindliche Regeln. Auch hierzulande hat die Discounter-Politik Folgen, meint das Südwind-Insitut. Da Billigketten nur halb so viel für Personal ausgeben wie Supermärkte, verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen im deutschen Einzelhandel. Aldi äußerte sich am Dienstag nicht.

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