Heilkräuter aus China: Fragwürdige Pflanzenkraft

Heilkräuter sind die Säule der Traditionellen Chinesischen Medizin. Doch die aus Fernost importierten Fertigmixturen sind nicht immer sicher.

Wenn´s vorne zwickt und hinten beißt. Bild: dpa

In ihrem Heimatland wird sie gerade noch an 10 Prozent der Kliniken praktiziert: Die Traditionelle Chinesische Medizin, abgekürzt TCM. In Deutschland gehört sie zu den großen Trends der Naturheilkunde. Immer mehr Ärzte unterziehen ihre Patienten den Nadeln der Akupunktur, seit 1991 gibt es spezielle TCM-Kliniken, und Heilkräuter aus dem TCM-Schatz gibt es mittlerweile nicht nur in Apotheken, sondern auch in Reformhäusern und Drogerien.

Dabei ist die wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit des asiatischen Heilverfahrens keineswegs eindeutig. So existieren zwar, wie Ping Leun von der Chinesischen Universität in Hongkong betont, "über 10.000 wissenschaftliche Manuskripte zur TCM", doch die meisten davon seien Laborarbeiten und Literaturübersichten. Von den wenigen Studien am Menschen entsprächen nur wenige den Standards, die heute in der klinischen Forschung angelegt werden.

Die weltweit bekannteste aller TCM-Methoden ist die Akupunktur, obwohl sie gar nicht den Schwerpunkt des asiatischen Heilsystems bildet. Dessen eigentliche Säule ist nämlich die Heilpflanzentherapie. Doch deren Wirksamkeitsnachweis fällt schwer. Erstens, weil die Zahl der chinesischen Heilkräuter - sie liegt mittlerweile bei über 10.000 - astronomisch hoch ist. Und zweitens, weil TCM-Ärzte die einzelnen Kräuter oft in großer Anzahl miteinander vermischen und lange auskochen, was es unmöglich macht, eine chinesische Arznei zu standardisieren. Wird also eine bestimmte Mixtur vom Arzt X zubereitet, so kann sie ganz anders wirken, als wenn die gleiche Mixtur vom Arzt Y zubereitet wurde.

Nichtsdestoweniger existieren für einige Einzelkräuter und Mischungen durchaus brauchbare Wirksamkeitsnachweise. Doch sie sollten den Patienten nicht dazu verführen, sich in Eigenregie irgendwelche TCM-Arzneien zu besorgen. Denn deren Wirksamkeit ist fraglich. Zudem fand man in ihnen schon bedenkliche Panschereien und sogar Gifte wie Kadmium, Quecksilber, Zinnober und Arsen, einige der Anwender erlitten Leber- und Nierenschäden.

Auch sind aus China importierte Heilkräuter oft mit Pflanzenschutzmitteln belastet. "Chinesische Bauern können ihre Kräuter nach wie vor gut verkaufen, wenn sie unter Anwendung von chemischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln angebaut worden sind", erklärt Agrarökologe When Jun Zong, der sich hierzulande seit 1996 um die Einfuhr "sauberer" Heilkräuter aus China bemüht. "Biologisch-dynamischen Anbau für Heilkräuter gibt es bisher kaum."

Seit einigen Jahren bemüht man sich daher in Deutschland um den Eigenanbau von besonders häufig verwendeten TCM-Pflanzen. Zudem warnen Experten vor billigen Tees und Fertigmixturen, die vor allem im Internet unter dem Deckmantel von TCM angeboten werden. Sie raten vielmehr zur Anwendung von Einzelkräutern, die hierzulande schon gut eingeführt sind und von Herstellerseite sorgfältig überprüft werden, oder aber gleich zum Aufsuchen von qualifizierten TCM-Ärzten oder -Kliniken.

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