Transplantationserfolg: Neue Luftröhre aus dem Bioreaktor

Spanische Ärzte implantierten erstmals eine Luftröhre, die mit Stammzellen der Patientin verändert wurde. Mit körpereigenen Zellen wurde eine Abstoßung des Organs verhindert.

Ärzte retteten mit neuem Verfahren ihren Lungenflügel: Patientin Castillo. Bild: dpa

BERLIN taz Ein internationales Ärzteteam hat in einer spanischen Klinik erstmals eine mit körpereigenen Stammzellen maßgeschneiderte Luftröhre verpflanzt. Experten bezeichneten die erfolgreiche Operation als ein "Meilenstein" in der Transplantationgeschichte. Ohne diese Operation hätte der 30jährigen Claudia Castillo ein Lungenflügel entfernt werden müssen. Die Operation war schon im Juni in Barcelona. Heute geht es der in Spanien lebenden Kolumbianerin wieder sehr gut.

Auch vier Monate nach der Operation funktioniere das Implantat ohne Komplikationen. Die Patientin müsse auch keine Medikamente nehmen, um Abstoßungsreaktionen zu unterdrücken, berichtete das Forscherteam am Mittwoch in der Online-Ausgabe der britischen Fachzeitschrift The Lancet.

Claudia Castillo litt nach Angaben der spanischen Klinik an Atemwegstörungen. Infolge einer Tuberkuloseinfektion war die linke Hauptbronchie kollabiert. Die Hauptbronchien führen nach der Gabelung der Luftröhre in die beiden Lungenflügel. Eigentlich hätte bei der Patientin der Lungenflügel entfernt werden müssen. Die Ärzte boten ihr jedoch an, ein gänzlich neues Verfahren auszuprobieren.

Bisher waren alle Versuche, Luftröhren zu ersetzen, mehr oder weniger gescheitert. Lebensbedrohende Infektionen und Abstoßungenreaktionen des Immunsystem waren zumeist die Folgen. Um eine Immunabwehr zu verhindern, sollte daher das Implantat körpereigene Zellen der Patientin enthalten. Als Ausgangsmaterial für die neue Hauptbronchie diente ein sieben Zentimeter langes Stück einer Luftröhre, die von einem Spender stammte. Er war mit 51 Jahren an einer Hirnblutung verstorbenen. Mediziner an der Universität im italienischen Padua entfernten von der Luftröhre alle lebenden Zellen.

Sechs Wochen dauerte allein dieser Schritt, berichteten die Forscher. Übrig blieb nur das Gerüst der Luftröhre. Auf dieser Matrix wurden am Polytechnikum in Mailand in einem neuartigen Bioreaktor Knorpelzellen angesiedelt. Das Innere der Luftröhre "kleideten" die Forscher mit Gewebezellen aus, die von der Patientin stammten.

Die Knorpelzellen kamen aus Großbritannien. Sie waren dort an der Universität in Bristol aus den Knochenmarksstammzellen von Claudia Costillo gezüchtet worden. Das Implantat enthielt somit nur Zellen mit der Erbgut von Claudia Castillo.

"Schon vier Tage nach der Transplantation" war die aus dem Bioreaktor stammende Bronchie fast nicht mehr unterscheidbar von der "normalen" Luftröhre, erklärte Professor Paolo Macchiarini, unter dessen Leitung die Operation in Barcelona durchgeführt wurde.

Es ist das erste Mal, dass ein komplexes Organ übertragen wurde, das an einen konkreten Patienten angepasst worden sei, sagte der Oxford-Professor und ehemalige Chef des britischen Medical Research Council, Colin Blakemore. Die Luftröhre sei für dieses Verfahren der richtige Kandiat. Von Vorteil ist, dass zur Besiedlung mit körpereigenen Zellen ein Gerüst genutzt werden kann, von dem zuvor alle Zellen entfernt werden können.

Bei Organteilen, die ähnlich strukturiert sind, werden bereits ähnliche Verfahren eingesetzt. So wurden in Hannover vor kurzem menschliche Herzklappen eingesetzt. An der Berliner Charité werden die Herzklappengerüste von Schweinen genutzt.

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