Neue OECD-Studie: Ungebildetes Deutschland

In Deutschland sinken die Studierendenzahlen alarmierend, ebenso auch die Ausgaben für Bildung – in den meisten anderen OECD-Länder sind die Ergebnisse besser.

Könnten mehr sein: Studierende feiern ihren Abschluss. Bild: ap

Drei Stunden später als geplant trat Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) am gestrigen Dienstag vor die Presse, um die Ergebnisse der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" zu kommentieren. Schavan sollte der Regierungserklärung von Angela Merkel am Vormittag nicht in die Quere kommen, und Spötter konnten den Eindruck gewinnen, wieder einmal war in Deutschland etwas anderes wichtiger als die Bildungspolitik.

Dass schon seit Jahren die Bildungspolitik hinter anderen Feldern zurücksteht, ist möglicherweise eine der Ursachen für die Ergebnisse, welche die OECD mit der Studie präsentiert hat. Demnach liegt Deutschland bei wichtigen Indikatoren wie den Bildungsausgaben und der Studienquote unter den OECD-Ländern jeweils im hinteren Feld. "In der Bildungspolitik hat Ministerin Schavan versagt", so Cornelia Pieper, FDP, zur taz.

Gerade bei den Studienanfängern sind die Zahlen alarmierend: Zum dritten Mal in Folge ist im Jahr 2007 die Quote gesunken - 34 Prozent eines Jahrgangs gehen noch an eine Universität. Nur die Türkei, Belgien und Mexiko schneiden unter den OECD-Ländern noch schlechter ab, der Durchschnitt liegt bei 56 Prozent. Kaum tröstlich, dass im Jahr 2008 die Zahlen wieder leicht angestiegen sind.

Lange hatten deutsche Regierungen diese relativ geringen Quoten mit der hohen Akzeptanz von beruflicher Bildung zu rechtfertigen versucht. Doch gerade die zwei Schlusslichter Türkei und Belgien haben Deutschland nun auch in diesem Bereich überholt.

Bei den Universitätsabschlüssen konnte sich Deutschland von 1995 bis 2007 auf 23 Prozent steigern. Auch hier liegt aber der OECD-Schnitt mit 39 Prozent wesentlich höher. Länder wie Island, Australien oder Polen erreichen 50 Prozent und mehr.

Ein Blick auf die Ausgaben verdeutlicht, woran es in Deutschland fehlt: an Geld oder zumindest der Bereitschaft, es in Bildung zu investieren. Gemessen an der Wirtschaftsleistung (BIP) gab Deutschland 2006 nur 4,8 Prozent für Bildung aus und unterbot damit den Wert von 1995 um 0,3 Prozent, während der OECD-Durchschnitt von 5,4 Prozent leicht auf 5,5 Prozent stieg. Beim sogenannten Bildungsgipfel im vergangenen Jahr hatten sich Regierungschefs von Bund und Ländern verpflichtet, bis zum Jahr 2015 10 Prozent des BIP in Bildung zu investieren.

"Wenn Deutschland gestärkt aus der Wirtschaftskrise hervorgehen will, ist jetzt der Zeitpunkt, in Bildung zu investieren", sagte die OECD-Bildungsdirektorin Barbara Ischinger, "dies gilt für Erstqualifikation und für Weiterbildung."

"Wir dürfen nicht mehr nur reden, sondern müssen jetzt Geld in die Hand nehmen", fordert die Grünen-Politikerin Priska Hinz, "gerade deshalb ist nach den Wahlen kein Platz für Steuersenkungen." Anders sieht dies die FDP-Politikerin Pieper, für die "Ausgaben in die richtige Richtung gesteuert werden müssen". So seien auch Steuersenkungen möglich, die höheren Ausgaben sollen durch Kürzungen wieder hereingeholt werden. Pieper: "Wir müssen unnötige Subventionen streichen und die Entwicklungshilfe bei Ländern wie China kürzen."

Für den SPD-Bildungspolitiker Swen Schulz liegt das Problem tiefer: "Aus irgendwelchen Gründen gelingt es uns nicht, das Thema Bildung in Deutschland zu einer gesellschaftlichen Priorität zu machen", sagt Schulz, "man kann nur hoffen, dass diese Studie nun endlich den nötigen Rückenwind für höhere Bildungsausgaben bringt."

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