10 Jahre taz Panter Stiftung: taz tut Gutes

Alles begann mit einer kontrovers geführten Debatte und einer düsteren Prognose.

Konny Gellenbeck, Vorstand der taz Panter Stiftung Bild: Barbara Dietl

von Konny Gellenbeck

Die Idee vom „Großinvestor“, der die Zeitung von ihrer ewigen Geldnot erlöst, sie ist so alt wie die taz selbst. Tatsächlich war es aber nie einer allein, der der taz den Rücken stärkte. Es waren immer viele – von Anfang an bis heute. Schon 1978, damals produzierten wir die erste Ausgabe der taz, bestellten 7.000 AbonnentInnen eine Zeitung, die es noch gar nicht gab. 1990 fanden sich inmitten einer schweren Finanzkrise 3.000 GründungsgenossInnen, die die taz vor der Insolvenz retteten und die neue Unternehmensform auf den Weg brachten.

Als wir die taz Panter Stiftung gründeten hatten wir diese beiden positiven Erfahrungen im Sinn. Statt einen „Großspender“ zu suchen, setzten wir auf die Unterstützung der Vielen. Immer wieder hatten uns LeserInnen und GenossInnen zuvor nach der Möglichkeit gefragt, die taz mit einer Spende zu unterstützen. Doch erst 2002, als das Gesetz zum Stiftungswesen novelliert wurde, war es uns rechtlich möglich, die gemeinnützigen Aktivitäten der taz und die spendenbereiten LeserInnen und GenossInnen in einer Bürgerstiftung zusammenzubringen.

Eine düstere Prognose

Wie üblich bei der taz begann der Gründungsprozess mit einer engagiert geführten Debatte, die auch FreundInnen und Weggefährten aus allen Jahrzehnten der taz-Geschichte einschloss. Einmal hatten wir 30 bis 40 Menschen an einen Tisch gebracht, um über mögliche Stiftungsziele und Projekte nachzudenken. Die Diskussion war konstruktiv und ernüchternd zugleich. Freimut Duve etwa, damals OSZE-Beauftragter für die Freiheit der Medien, wagte eine düstere Prognose: Für das Stiftungsziel Journalismus bekomme man kein Geld, sagte er, allenfalls auf die Spende von ein paar gebrauchten Computern oder Laptops könnten wir hoffen. Das saß, die Idee mit der Stiftung legten wir erst mal beiseite.

Fünf Jahre später nahmen wir den Gedanken wieder auf. Der taz Panter Preis für das zivilgesellschaftliche Engagement von Ehrenamtlichen, 2005 gegründet und seitdem aus dem Marketingetat finanziert, brauchte endlich eine „richtige“ Anbindung an die taz. Zudem wurde immer deutlicher, dass die taz-Idee auch in der nächsten JournalistInnen-Generation erst einmal verankert werden musste. Auf diesen beiden Säulen – Panter Preis und Panter Akademie – steht die Stiftung bis heute.

Zwar schien das Jahr 2008 auf den ersten Blick nicht ideal, um eine Stiftung zu gründen. Durch den Börsencrash hatten viele taz LeserInnen Geld verloren. Trotzdem wagten wir es. Unser Anschreiben an die GenossInnen griff gleich im ersten Satz die Frage auf, die wir uns selbst ebenso stellten: „Ist es nicht ungünstig, Sie gerade jetzt um Geld für eine gute Sache zu bitten?“

Nachhaltig und sinnvoll investieren

War es nicht. Im Gegenteil. Offenbar hatten wir einen Nerv getroffen. Binnen weniger Monate brachten 900 StifterInnen ein Gründungskapital von 700.000 Euro in die Stiftung ein. Wohl gerade weil in diesem Lehman-Jahr überall zu lesen und zu hören war, wie Banken das Geld ihrer AnlegerInnen dreist aufs Spiel gesetzt hatten, suchten viele Menschen eine Möglichkeit, ihr Erspartes nachhaltig und sinnvoll einzusetzen. Unsere Frage nach Spenden für den Aufbau einer taz Stiftung kam da Vielen wie gerufen.

Was für die GründungsstifterInnen galt, traf auch für die neun Mitglieder des Kuratoriums zu, allesamt ehemalige Mitarbeitende der taz. Sie, die heute in anderen Verlagen oder anderen Berufen arbeiten, folgten umso lieber unserer Einladung, ihr Wissen, ihre Kontakte, ihre Ideen in die taz Stiftung einzubringen. Die Arbeitsweise des Kuratoriums hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren bewährt: Ständig miteinander im Austausch stehend, können wir schnell gesellschaftliche Impulse aufgreifen und uns mit Absicht eine gewisse Flexibilität leisten, um auch auf aktuelle Ereignisse eingehen zu können.

Das gilt natürlich vor allem für einen Bereich, der der taz und ihrer Stiftung sehr am Herzen liegt: die Internationale Zusammenarbeit mit JournalistInnen aus Ländern, in denen die Pressefreiheit eingeschränkt oder bedroht ist. Seit 2011 lädt die Stiftung – oft in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt – JournalistInnen aus Osteuropa, asiatischen Ländern wie Myanmar, Vietnam, Kambodscha und auch der Türkei ein. Unser Anspruch ist es, Menschen aus verfeindeten Ländern und Lagern zusammenzubringen. Oft sind diese Begegnungen tiefgreifend, entstehen aus ihnen doch neue Freundschaften, Netzwerke und auch Autorenschaften für die taz. Im besten Fall sind die Zusammentreffen, so kurz und individuell sie sein mögen, doch ein kleiner, aber wichtiger Beitrag im Demokratisierungsprozess der Länder.

Manchmal muss ein Projekt sehr kurzfristig auf eine politische Entwicklung reagieren. Wir waren zum Beispiel die ersten, die nach der Öffnung Kubas kubanische JournalistInnen – staatliche wie oppositionelle – zu einem Workshop nach Berlin einluden. Auch das zweisprachige Onlinejournal taz gazete entstand aus dem Impuls, der sich verschärfenden politischen Lage in der Türkei nach dem gescheiterten Putsch etwas Produktives und Nachhaltiges zur Unterstützung der Opposition entgegenzusetzen.

Würde die taz heute gegründet, wäre sie vielleicht ein Onlineprojekt. Ganz absichtsvoll aber atmet die Nachwuchsarbeit der „taz Akademie“ ein Stück Zeitungs-Geschichte: Zwei bis dreimal jährlich bieten wir Workshops für junge Leute an, in denen sie vier Tage lang lernen, wie man Zeitungsseiten produziert. Bewusst setzen wir bei der Auswahl der TeilnehmerInnen keine einschlägigen Vorkenntnisse voraus. Denn auch in der Gründergeneration der taz gab es kaum ausgebildete JournalistInnen, jedeR konnte mitmachen. Zu uns in die Workshops kommt der Krankenpfleger genauso wie die Medizinstudentin. Die TeilnehmerInnen wollen oft keine publizistischen Berufe ergreifen. Aber sie finden es wichtig zu wissen, wie unabhängiger Journalismus funktioniert. Das zu vermitteln, ist heute relevanter denn je, glauben wir. Und auch jene TeilnehmerInnen, die ihren Weg in die Medien finden, profitieren von den berufsübergreifenden Netzwerken, die regelmäßig aus den Workshops hervorgehen.

Natürlich haben auch wir in den zurückliegenden zehn Jahren viel gelernt. Als wir zum Beispiel im zweiten Jahr ein „Volontariat für Menschen mit Migrationsgeschichte“ ausschließlich für Frauen ausgeschrieben haben, fühlte sich ein Bewerber ausgegrenzt und verklagte die taz vor Gericht. Heute sind wir sensibler für Fragen der Diversity geworden und haben erfolgreich sieben junge Menschen mit Migrationsgeschichte im Rahmen des Stiftungsvolontariats ausgebildet. Fast alle haben einen Arbeitsplatz in der taz gefunden und damit neue Stimmen und Perspektiven in die Redaktion eingebracht.

Ein festes Netzwerk für die nächste taz Generation

Zehn Jahre nach Gründung der taz Panter Stiftung blicken wir gemeinsam auf eine sich Jahr für Jahr erneuernde Erfolgsgeschichte: Überall in Deutschland und in vielen Teilen der Welt kann man ehemaligen TeilnehmerInnen unserer Workshops begegnen, es ist ein festes Netzwerk von UnterstützerInnen für die nächste taz Generation entstanden. Die Nominierten des Panter Preises haben von der Veröffentlichung ihrer Projekte und der Auszeichnung profitiert. Zunehmend gelingt es uns sogar, mit internationalen Projekten konkret in politische Gemengelagen einzugreifen und sie offener zu gestalten.

Alle, die am Aufbau und Programm der Stiftung gearbeitet haben – die RedakteurInnen, die unsere Workshops betreuen, die Kooperationspartner, die unsere Projekte mittragen, die Mitglieder des Kuratoriums, deren Ideen wir verwirklichen – tragen etwas zu diesem Erfolg bei. Vor allem aber haben wir die Erfahrung gesammelt, dass jede gute Idee Menschen findet, die mit ihren Spenden ermöglichen, daraus ein Projekt zu machen. Inzwischen können wir mehr als eine halbe Million Euro jährlich für unsere Projekte ausgeben. Darunter gibt es sehr großzügige Spenden, vor allem aber viele überschaubare Geldbeträge, die in der Summe weit mehr bewirken als jeder Großspender es hätte vermögen können. Die düstere Prognose von Freimut Duve hat sich zur Freude aller nicht erfüllt: Für das Stiftungsziel „Journalismus“ bekommt man eben doch Geld. Und niemand hat uns bisher alte Computer angeboten.

Dieser Beitrag stammt aus der Publikation 10 Jahre taz Panter Stiftung.