12. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Streit um die Dolmetscher

Die Verteidigung der mutmaßlichen Kriegsverbrecher wirft den Dolmetschern Befangenheit vor. Generalbundesstaatsanwältin Monika Harms wurde als Zeugin geladen.

Zeugin im Kriegsverbrecherprozess: Generalbundesstaatsanwältin Monika Harms. Bild: ap

STUTTGART taz | Die Verzögerungstaktik der Verteidigung geht auf. Am 12. Prozesstag gegen Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni, Präsident und 1. Vizepräsident der im Kongo kämpfenden ruandischen Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), konnte die Verlesung der E-Mails nicht fortgesetzt werden.

Der Grund: Die Verteidigung äußert Bedenken zu den Dolmetschern. Diese seien von der ruandischen Regierung, einem "Unrechtsregime", ausgewählt worden, so die Verteidigung. Das führe zu einer Manipulation des Prozesses. Als Zeugin wurde Generalbundesstaatsanwältin Monika Harms persönlich geladen. Harms habe bei einem Vortrag sowie einer Diskussionsrunde im vergangenen Jahr zugegeben, dass die Auswahl der Dolmetscher in diesem Verfahren Schwierigkeiten bereite, so die Verteidigung. Harms dementiert unter Eid: "Das habe ich so nie gesagt."

In ihrem Vortrag mit dem Titel "Die Bundesstaatsanwaltschaft, eine Behörde zwischen Anspruch und Wirklichkeit" habe sie lediglich im Allgemeinen darauf hingewiesen, dass die Auswahl der Übersetzer für internationale Ermittlungen ein generelles Problem darstelle. "Das gilt auch für Ermittlungen im arabischen Raum", so Harms. "Wo die Dolmetscher für dieses spezielle Verfahren herkamen, das weiß ich nicht."

Die Verteidigung bohrt weiter: "Ist Ihnen eine Einflussnahme durch die Regierung Ruandas bekannt?" Daraufhin erwidert Harms: "Zu meinem großen Erstaunen war es möglich, in Ruanda Ermittlungen nach der deutschen Strafgesetzordnung durchzuführen, ohne dass von Seiten der Regierung Ruandas dauernd reingeredet wurde." Damit scheint die Vermutung der Beeinflussung abgeschmettert, doch die Verteidigung lässt nicht locker. Sie will wissen, ob das Verfahren gegen die FDLR-Führung in Deutschland Chefsache gewesen sei und somit politisch motiviert.

Harms ohne Aussagegenehmigung

Die Verteidiger werfen der Generalbundesstaatsanwältin indirekt vor, die Ermittlungen aus politischen Gründen aufgenommen zu haben. "Darüber habe ich keine Aussagegenehmigung", erwiderte Harms. Dann stellte die Verteidigung Antrag, dass Harms sofort telefonisch im Bundesjustizministerium eine Erlaubnis einhole, dazu Stellung nehmen zu dürfen. Doch das Telefonat bringt keinen Erfolg, eine solche Genehmigung müsse schriftlich erfragt werden. Daraufhin wird Harms entlassen und die Verteidigung nimmt sich den geladenen Dolmetscher direkt vor.

Der in Deutschland ausgebildete Ruander Thierry Kambanda, der bei Zeugenvernehmungen in Ruanda den Ermittlern als Übersetzer gedient hatte, wird nach seiner Vergangenheit befragt. Er gibt zu, während seines Studiums in Trier zwischen 1991 und 1994 an Veranstaltungen der in Deutschland ansässigen Anhänger der RPF (Ruandischen Patriotischen Front) teilgenommen zu haben. Vor der Machtergreifung nach dem Völkermord 1994 in Ruanda war die RPF unter Führung des heutigen Präsidenten Paul Kagame noch eine Rebellengruppe. Heute ist sie die Regierungspartei. "Nach 1994 bin ich aber nicht mehr hingegangen", sagt der Dolmetscher.

Auf Nachfrage gibt er an, dass sein in Ruanda lebender Vater nach der Machtergreifung der RPF 1994 vom Lehrer zum Rektor einer Universität aufgestiegen sei. "Die Familie hat vom völkerrechtswidrigem Einmarsch der RPF unmittelbar profitiert", heißt es schließlich im Befangenheitsantrag der Verteidigung. Der Senat muss nun bis zum nächsten Prozesstermin am 4. Juli entscheiden, ob sie diesem Antrag stattgibt.

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