18 Jahre Gefängnis für Deutschen: Haftstrafen für Djerba-Attentäter

Französisches Gericht verurteilt einen Deutschen wegen Komplizenschaft bei einem Anschlag auf eine Synagoge 2001 in Djerba zu 18 Jahren Haft. 12 Jahre für Mitangeklagten.

Ort des Attentats 2002: die Ghriba-Synagoge in Djerba. Bild: ap

Ein 112 Sekunden langes Telefongespräch in einem Kauderwelsch aus Arabisch und Englisch hat ausgereicht: Christian Ganczarski ist in Paris zu 18 Jahren Gefängnis wegen Komplizenschaft bei einem Al-Qaida-Anschlag verurteilt worden. Das französische Geschworenengericht sah es als erwiesen an, dass der Metallarbeiter und Elektronikfachmann aus Duisburg bei dem Telefonat wenige Stunden vor dem Attentat auf die Synagoge im tunesischen Djerba das Okay für das Verbrechen gegeben hat.

Am 11. April 2002 war der Tunesier Nizar Nawar mit einem mit Gas und Zündern präparierten LKW in die Synagoge gefahren und hatte sich in die Luft gesprengt, 21 Menschen kamen ums Leben, 30 wurden verletzt.

"Schuldig in allen Punkten" erklärte der Vorsitzende Richter am späten Donnerstagabend in Paris. Neben Ganczarski sprach das Gericht auch den Bruder des Attentäters schuldig. Walid Nawar erhielt eine Gefängnisstrafe von 12 Jahren, weil er dem Attentäter ein Satellitentelefon sowie falsche Papier besorgt hatte.

Zuvor war ein Onkel des Attentäters in Tunesien zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Belkacem Nawar hatte den Laster für das Attentat präpariert. Der als Hauptdrahtzieher des Attentates geltende Khalid Cheikh Mohamed, der auch wegen der Vorbereitung des 11. September 2001 verdächtigt wird, stand in Paris nicht vor Gericht. Er sitzt in Guantánamo hinter Gittern.

Der heute 42jährige Ganczarski hatte stets bestritten, dass er etwas von dem Attentat gewusst hätte. Am letzten Tag seines knapp fünfwöchigen Prozesses in Paris wiederholte er am Donnerstag seine Entschuldigungen "für etwas, das ich nicht getan habe". Nizar Nawar habe ihn angerufen, weil er gewusst habe, dass er gläubig sei. Verteidiger Sébastien Bono nannte seinen Mandanten in einem dreistündigen Abschlussplädoyer einen "naiven und unschuldigen Konvertiten". Bono erwägt, das Urteil anzufechten.

Ganczarski stand in Deutschland unter geheimdienstlicher Beobachtung, als das Attentat in Djerba stattfand. Deswegen ist der Inhalt des Telefonats bekannt, das dem Pariser Gericht als einziger materieller Beweis für die Verurteilung diente. In dem Telefonat bat der Attentäter seinen Gesprächspartner um dessen "Segen". Ganczarski antwortete ihm: "Inschallah - Gottes Segen sei mit dir."

Der zum Islam übergetretene, aus einer polnischen Familie stammende Ganczarski wurde in Deutschland als Islamist observiert. Seit 1999 war er mehrfach in das Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan gereist. Dort traf er führende Taliban. Unter anderem kam er auch mit Ussama Bin Laden zusammen.

In Paris begründete Ganczarski seine Afghanistanreisen mit "Glaube und Geschäften". Seine Affinität zu Bin Laden erklärte er damit, dass der Saudi-Araber zuckerkrank sei, wie seine Tochter. "Das Insulin war unser Gesprächsthema." Rückblickend erklärte Ganczarski in Paris, seine Afghanistanreisen seien "keine gute Idee" gewesen.

Ganczarski war in Deutschland mehrfach wegen des tunesischen Attentats verhört worden. Die deutsche Justiz erachtete das abgehörte Telefonat nicht als ausreichenden Beweis und ließ ihn wieder frei. Im Jahr 2002 reiste er nach Saudi-Arabien aus. In die Hände der französischen Justiz geriet er, als ihn die saudischen Behörden abschoben und ihn und seine Familie in ein Flugzeug setzten. In Paris wartete die französische Polizei auf ihn. Unter den Todesopfern von Djerba waren zwei Franzosen. Das - gepaart mit der harten französische Antiterrorjustiz - ermöglichte eine Anklageerhebung und Verurteilung in Paris.

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