20 Prozent mit Niedriglohn: Zu viele für zu wenig

Das statistische Bundesamt sieht 20 Prozent der Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Hauspersonal und Angestellte kleiner Betriebe sind dabei noch nicht gezählt.

Ist der Wunsch Vater des Gedankens? Das Friseurhandwerk ist fest in der Hand des Niedriglohnsektors. Bild: dpa

BERLIN dpa | In Deutschland arbeitet ein Fünftel der Beschäftigten (20,6 Prozent) zu Niedriglöhnen. Die Niedriglohngrenze lag 2010 bei 10,36 Euro brutto in der Stunde. „Niedriglohn heute bedeutet niedrige Rente morgen“, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, am Montag bei der Bekanntgabe einer neuen Erhebung in Berlin. 2006 habe die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten noch bei 18,7 Prozent gelegen. Der Anstieg spiegele einen langfristigen Trend wider.

Niedriglöhne werden nach seinen Worten vor allem im Taxigewerbe, in Friseur- und Kosmetiksalons, im Reinigungsgewerbe sowie in der Gastronomie gezahlt. Von den 20 Branchen mit dem höchsten Anteil an Niedriglohnbeziehern wiesen nur vier eine Tarifbindung für die Mehrheit der Beschäftigten auf. Rund ein Viertel (25,4 Prozent) aller Arbeitnehmer arbeitet in atypischer Beschäftigung, also nicht in einem Normalarbeitsverhältnis. Dieser Wert ist seit 2006 stabil.

In der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Niedriglohngrenze von 10,36 Euro sind die Einkommen der Arbeitnehmer von Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten sowie von Land- und Forstarbeitern, Fischern und Hauspersonal nicht enthalten. Diese machen etwa ein Fünftel aller abhängig Beschäftigten aus. Auch wenn die Statistiker den daraus resultierenden Effekt nicht quantifizieren können, so gehen sie doch davon aus, dass die Niedriglöhner-Quote bei Erfassung auch dieser Beschäftigten über dem Wert von 20,6 Prozent läge.

Egeler wies darauf hin, dass die Lohnspreizung zwischen den untersten und höchsten Einkommen weiter zugenommen hat. Niedriglöhne erhielten vor allem Menschen mit geringer Qualifikation. Mit dem Zuwachs der Niedriglohnempfänger sei auch ein Anstieg der atypischen Beschäftigung – etwa in Form von Minijobs oder Zeitarbeit – einher gegangen. Atypisch Beschäftigte verdienten deutlich weniger als Normalarbeitnehmer, die im Schnitt 17,09 Euro erhielten.

Der Destatis-Präsident wollte sich nicht dazu äußern, ob aus den von ihm vorgelegten Zahlen die von Opposition und Gewerkschaften immer wieder kritisierte Spaltung des Arbeitsmarktes herauszulesen ist. Fest steht für die Statistiker dagegen, dass auch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes Niedriglöhne nicht verhindern könne.

Nicht erstaunen kann das Ergebnis, dass nur 6,2 Prozent der Niedrigverdiener sich für eine abgabenbegünstigte Betriebsrente (Entgeltumwandlung) zur zusätzlichen Altersvorsorge entschieden haben. Bei Beschäftigten mit mittlerem Verdienst liegt der Wert bei 22,4 Prozent, im Segment der hohen Verdienste bei 36,4 Prozent. In die alle vier Jahre erstellte Verdienststrukturerhebung gingen laut Egeler die Daten von 1,9 Millionen abhängig Beschäftigten ein.

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