40 Jahre Front National: „Zu viele Ausländer in Frankreich“

Für Jean-Marie Le Pen, Gründer des Front National, sind KZs nur ein „Detail der Geschichte“. Die rechtsextreme Partei gewinnt weiter an Macht.

Jean-Marie Le Pen: „Ich glaube an die Ungleichheit der Rassen.“ Bild: dpa

PARIS afp | Der Generalsekretär der konservativen UMP, Jean-François Copé, prangerte vor wenigen Tagen einen „Rassismus gegen Weiße“ in französischen Problembezirken an. Das war für Marine Le Pen, Parteichefin der rechtsextremen Front National (FN), Anlass für ein Wortspiel. „Copier-coller“ stichelte sie in Anspielung auf den Computerbefehl „Kopieren und Einfügen“.

Frankreichs Rechte und die Rechtsextremen – Annäherung und Distanzierung beider Lager sind seit der FN-Gründung vor 40 Jahren eine Konstante des Pariser Politikbetriebs. Dabei führte die Front National nach ihrer Gründung am 5. Oktober 1972 zunächst einmal ein gutes Jahrzehnt lang ein Randdasein.

Entstanden aus dem Zusammenschluss mehrerer rechtsextremer Gruppen gelang der Partei unter ihrem Anführer Jean-Marie Le Pen, Marine Le Pens Vater, erst bei den Gemeindewahlen 1983 ein nennenswerter Erfolg. Schon im folgenden Jahr erzielten die Rechtsextremen dann elf Prozent bei den Europawahlen, zwei Jahre später zogen die ersten FN-Abgeordneten ins französische Parlament ein.

Jean-Marie Le Pen punktete mit polternden rechten Parolen, die ihm auch mehrere Verurteilungen wegen rassistischer Äußerungen einbrachten. Für einen Skandal sorgte er, als er er die Gaskammern der NS-Vernichtungslager als „Detail der Geschichte“ bezeichnete.

Ein politisches Erdbeben löste Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2002 aus: Mit 16,86 Prozent der Stimmen landete er in der ersten Runde auf Platz zwei und zog gegen Amtsinhaber Jacques Chirac in die Stichwahl – die er schließlich verlor.

Auf dem Weg zur Volkspartei

Anfang 2011 dann übergab der heute 84-jährige Patriarch die Macht an seine Tochter Marine, eine wortgewandte Anwältin, die sich zum Ziel setze, die Partei zu „entdämonisieren“ und mit einem gemäßigteren Kurs zu einer Volkspartei zu machen.

Bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen konnte sie mit Tiraden gegen die Globalisierung, dem Ruf nach dem Ausstieg aus der Eurozone, dem Abriegeln der Grenzen und dem Slogan „Frankreich zuerst“ noch mehr Stimmen einfahren als ihr Vater vor zehn Jahren: 17,9 Prozent erzielte sie, weit mehr als sechs Millionen Franzosen stimmten für Le Pen.

Die Macht im Staat als Ziel

Ihr Vater zeigt sich heute aber nur bedingt zufrieden mit dem Aufstieg seiner Partei. Mit der Front National habe sich zwar eine neue „nationale Kraft“ etablieren können, sagt Jean-Marie Le Pen der Nachrichtenagentur AFP. Aber: „Die Front National hat ihre Ziele nicht erreicht, denn sie ist nicht an der Macht.“

Der Einfluss der FN auf die Tagespolitik aber ist offenkundig. Die Partei habe in den vergangenen 30 Jahren maßgeblich zu einer Verschärfung der Gesetze zu Einwanderung und Sicherheit beigetragen, sagt der Historiker Nicolas Lebourg.

Die FN zog auch die Konservativen nach rechts. Dass Nicolas Sarkozy im diesjährigen Präsidentschaftswahlkampf von einem „Scheitern des Multikulturalismus“ sprach und beklagte, es gebe „zu viele Ausländer“ in Frankreich, war auch eine Reaktion auf die wachsende Popularität von Marine Le Pen.

Unklar ist noch, wie lange die konservative UMP eine Zusammenarbeit mit der Front National kategorisch ausschließt, zumal es in der Vergangenheit häufig Wahlabsprachen zwischen Konservativen und Rechtsextremen gab.

Flirt mit den Rechtsextremen

„Für die UMP wird es immer schwieriger, ihrer Basis eine absolute Verweigerung (einer Zusammenarbeit) zu erklärten, wenn beide Parteien beispielsweise zu großen Teilen die gleiche Diagnose über die Einwanderung haben“, sagt Brice Teinturier vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos.

Das den Sozialisten nahestehende Institut Terra Nova malt gar schon „kurz- oder mittelfristig“ einen Zusammenschluss von UMP und FN zu einer „patriotischen Partei“ an die Wand. UMP-Generalsekretär Copé jedenfalls, der sich anschickt, Parteichef der Konservativen zu werden, hat mit seiner Äußerung über einen „Rassismus gegen Weiße“ gezeigt, dass er den Flirt mit den Rechtsextremen nicht scheut.

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