piwik no script img

FAQ zu ÖRR-ReformenKlappt es noch mit den Reformen?

Die Länder streiten über Sparpläne, Presseähnlichkeit und Finanzierung – und in Sachsen könnte die ganze Rundfunkreform nun kippen.

Da sind wohl keine Mainzelmännchen am Werk in den Öffentlich-Rechtlichen Foto: dts Nachrichtenagentur/imago

Nochmal zur Erinnerung: Was steht eigentlich in den Reformen?Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen ordentlich sparen. Gleichzeitig stehen ARD, ZDF und Deutschlandradio stark unter Druck – teils wegen eigener Skandale wie dem rbb-Finanzdesaster, teils durch heftige Angriffe von rechts. Und weil sich das Mediennutzungsverhalten in den letzten Jahren massiv verändert hat, müssen die Sender dringend digitaler werden. Kurz gesagt: Der Reformdruck ist enorm. Im Reformstaatsvertrag, den die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der Länder schon vor über einem Jahr beschlossen haben, geht es deshalb um deutliche Einschnitte. Vorgesehen sind Kürzungen bei Spartenprogrammen und Sportrechten, eine strengere Regelung zur sogenannten Presseähnlichkeit – also das Verbot, dass öffentlich-rechtliche Angebote Print- und Onlineportalen zu sehr ähneln – sowie eine neue Kooperationspflicht mit privaten Medien, etwa bei Verlinkungen in Texten oder gemeinsamen Onlineprojekten.

Was ist der Stand der Dinge?Eigentlich läuft alles auf der Zielgeraden. Nachdem die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen den Vertrag bereits unterzeichnet haben, müssen jetzt alle 16 Landtage zustimmen. Erst dann kann die Reform zum 1. Dezember in Kraft treten. Bisher lief das ziemlich reibungslos – sogar Bayern und Sachsen-Anhalt haben zugestimmt, obwohl das im Vorfeld unsicher war.

Und was ist in Sachsen los?In Sachsen steht die Abstimmung am 29. Oktober an – und dort wird es eng. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) führt eine Minderheitsregierung mit der SPD. Selbst wenn alle 51 Abgeordneten der Koalition zustimmen, reicht das nicht für eine Mehrheit. Als Minderheitenregierung sind sie auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Doch AfD und BSW besitzen gemeinsam mehr Sitze als die Landesregierung. Sollten sie geschlossen dagegen stimmen, ist die Reform so gut wie gescheitert, denn die übrigen Parteien – Linke, Grüne und eine fraktionslose Abgeordnete Person – verfügen zusammen nur über 14 Sitze, für eine Mehrheit benötigt sind zehn.

Was wird in Sachsen an den Reformen kritisiert?Kritik gibt es reichlich und zwar aus sehr unterschiedlichen Richtungen. AfD und BSW lehnen die Reform grundsätzlich ab. Von Seiten der Grünen und der Linken wird vor allem moniert, dass im Landtag kaum echte Diskussion über die Inhalte stattgefunden hätten. Besonders das Verbot der Presseähnlichkeit sorgt für Streit: Es führe zu einem „staatlich verordneten Relevanzverlust“, weil es den Öffentlich-Rechtlichen erschwere, junge Zielgruppen auf sozialen Medien zu erreichen, sagte etwa die Medienpolitische Sprecherin der Grünen dem Medienportal DWDL kürzlich. Auch der Vorwurf, die Reform sei eher ein Kürzungsplan mit dem Etikett „Innovation“, fällt in diesem Zusammenhang häufiger.

Was ist mit der Finanzierung?Eigentlich sollte auch das Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in diesem Jahr neu aufgestellt werden. Weil eine geplante Beitragserhöhung jedoch nicht umgesetzt wurde, haben ARD, ZDF und Deutschlandradio Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das Gericht will allerdings erst 2026 darüber entscheiden. Bayern und Sachsen haben angekündigt, erst nach diesem Urteil über die Finanzierungsreform zu beraten – und blockieren damit faktisch den gesamten Prozess.

Was passiert, wenn die Reform scheitert?Kurz gesagt: nichts – und genau das wäre das Problem. Die Verhandlungen haben Jahre gedauert, und wenn die Reform jetzt scheitert, müsste alles von vorne beginnen, mit neuen politischen Mehrheiten und womöglich deutlich schwierigeren Voraussetzungen. 2026 stehen außerdem fünf Landtagswahlen an, unter anderem in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Insa glaubt mehr als die Hälfte der Bevölkerung, dass die AfD in mindestens einem Bundesland ei­ne:n Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in stellen könnte. Die AfD hatte bereits in ihrem Programm zur Bundestagswahl angekündigt, den Rundfunkbeitrag abzuschaffen.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare