ARD-Film „Alles für meinen Vater“: Auch Bombenbastler haben Gefühle

Der Terrorist als Held: Im Spielfilm „Alles für meinen Vater“ wird einem Selbstmordattentäter in spe zu viel Verständnis entgegengebracht.

Allein mit der Verantwortung: Szene aus „Alles für meinen Vater“. Bild: ARD

Der Schalter funktioniert nicht. Und deshalb fliegt der Selbstmordattentäter Tarek (Shredy Jabarin) nicht in die Luft, sondern steht auf dem Markt in Tel Aviv ziemlich blöd da.

Auf der Suche nach einem Ersatzteil landet er beim jüdischen Elektrohändler Katz (Shlomo Vishinski) – allerdings muss der wegen des Schabbats zwei Tage auf die Lieferung warten. Für den jungen Palästinenser sind es zwei Tage, in denen er jüdische Israelis kennen und schätzen lernt und von seinem Plan abrückt.

Diese Story erzählt der vor allem in Deutschland arbeitende israelische Regisseur Dror Zahavi in seinem Kinodebüt „Alles für meinen Vater“ (Buch: Ido Dror und Yonatan Dror), einer deutsch-israelischen Koproduktion, die am Mittwoch erstmals im Fernsehen läuft (20.15 Uhr, ARD).

Eine Geschichte über einen Selbstmordattentäter in Israel ist ein bisschen überholt, denn nachdem dort im Jahr 2002 mit 55 Selbstmordattentaten und 220 Toten ein trauriger Höhepunkt erlangt wurde, erlebt Israel diese Terror-Variante zurzeit gar nicht.

Das war noch anders, als Zahavi 2005 mit der Recherche zu seinem Film begann, den er 2007 in Tel Aviv drehte: „Damals habe ich die immergleichen Bekennervideos gesehen und mich gefragt: Was sind das für Leute? Ich möchte mit dem Film zeigen, dass es sich bei den Attentätern auch um Menschen handelt. Um Menschen, die sich ändern können. Der Film ist immer noch aktuell, denn er hat eine universelle Aussage: Überall auf der Welt wünschen sich die Menschen doch Frieden und Verständigung.“

Staatliche Förderung in Israel

In Israel wurde „Alles für meinen Vater“ kontrovers aufgenommen. Zwar erhielt der Film Geld von der staatlichen Filmförderung, lief in den Kinos und wurde in sieben Kategorien für den Filmpreis nominiert, aber nicht jeder konnte das nachvollziehen. Zahavi berichtet, dass der Produzent Zvi Spielmann sich von einer seiner Töchter anhören musste, er habe einen antiisraelischen und antisemitischen Film produziert.

Dieser Vorwurf ist ein bisschen harsch, aber an „Alles für meinen Vater“ gibt es neben der simplen „Lernt euch kennen, wir sind alles Menschen“-Botschaft tatsächlich einiges zu kritisieren. Vor allem die durchweg positive Darstellung des Selbstmordattentäters ist problematisch.

Tarek ist charmant, rettet einer Jüdin das Leben, verliebt sich in die wilde Kioskbesitzerin (Hili Yalon) und verteidigt sie gegen Orthodoxe, die sie zurück in die Gemeinde prügeln wollen. Das Motiv für sein Attentat scheint aller Ehren wert zu sein und letztlich haben die Israelis mal wieder selber Schuld: Um Tarek regelmäßig ohne Wartezeiten und Demütigungen über die Checkpoints zum Fußballtraining nach Nazareth bringen zu können, kooperierte Tareks Vater einst mit der israelischen Armee und verpfiff dabei einige Leute. Das flog auf, und um die Ehre seines Vaters wiederherzustellen, entschied sich Tarek für den Märtyrertod.

Es weht einem zu viel Verständnis für diesen Mörder in spe entgegen. Außerdem vollzieht sich Tareks Sinneswandel unglaubwürdig schnell. „So einen Vorgang halte ich in dieser Form in der Realität natürlich nicht für möglich“, sagt Zahavi. „In einem Spielfilm spitzt man aber bekanntlich zu und verkürzt Prozesse – das ist die Gesetzmäßigkeit des Dramas.“

Der Film hat auch zahlreiche gute Momente: Es gibt angenehm kauzige Charaktere, exzellente schauspielerische Leistungen, eine süße Liebesgeschichte und humorvolle Einlagen. Vielleicht kann man die gelungenen Szenen genießen, wenn man sich von „Alles für meinen Vater“ gar nicht erst ein überzeugendes Statement zum israelisch-palästinensischen Konflikt erhofft, sondern ihn von der ersten Minute an als eine Art Märchenfilm anschaut.

„Alles für meinen Vater“: 5.9., 20.15 Uhr, ARD

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