ARD und ZDF kündigen Kabelverträge: Ende des deutschen Sonderwegs

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk will sich ab 2013 nicht mehr von den Kabelfirmen zur Kasse bitten lassen. Die Privatsender finden das chic und wollen davon profitieren.

Ein weiterer deutscher Sonderweg in der Sackgasse: Kabelfernsehen. Bild: MPower. / photocase.com

ARD und ZDF haben ernst gemacht und die Einspeiseverträge mit den drei großen Fernsehkabelnetzbetreibern Unitymedia (NRW. Hessen), Kabel BW (Baden-Württemberg) und Kabel Deutschland (KDG, Rest des Landes) zum Jahresende gekündigt. Erwartet wurde das schon seit Wochen. Dass man endlich am deutschen Sonderweg des Kabelfernsehens nagen wollte, gehört seit Jahren zu den Absichtserklärungen aller Sender.

Denn nur in Deutschland kassieren die Kabler gleich doppelt: Weil mit Einführung des privaten Rundfunks ab Mitte der 1980er Jahre in Westdeutschland vom damals noch staatlichen Monopolbetrieb Deutsche Bundespost die Kabelnetze auf- und ausgebaut wurden, aber nicht der Staatshaushalt über Gebühr belastet werden sollte, hielt die Post zwei Mal die Hand auf. Bis heute zahlen einerseits - wie international auch sonst üblich - die ZuschauerInnen. Aber die Sender werden mit einer technischen Durchleitgebühr ebenfalls zu Kasse gebeten.

Durch die längst erfolgte Übernahme der Kabelnetze durch private Unternehmen und die schrittweise Beendigung der analogen Ausstrahlung des TV-Signals - die klassische Antenne und der Satellit sind bereits abgeschaltet - hätten sich nun die Rahmenbedingungen entscheidend geändert, argumentieren ARD und ZDF. „Die Kabelnetzbetreiber erhalten von uns werthaltige Programme und können ihren Kabelanschluss erst dadurch sehr erfolgreich vermarkten“, spricht MDR-Intendantin Karola Wille für die ARD.

„Nicht mehr marktgerecht“

Die Alimentierung aus den Gebührentöpfen der Rundfunkanstalten sei also „nicht mehr marktgerecht“. Und ZDF-Intendant Thomas Bellut sekundiert: „Die Einspeisegebühr ist historisch überholt“, schließlich werde „so weit erkennbar“ in keinem anderen vergleichbaren europäischen Land sowohl bei den TV-Sendern, als auch bei ihren Kabelkunden kassiert.

Bei den Privatsendern wird dagegen überwiegend noch gezahlt - teilweise sind sie aber auch über zusätzliche Programmangebote wie HD-Kanäle an den Einnahmen der Kabelfirmen beteiligt. Der Privatsenderverband VPRT begrüßte den Vorstoss der Öffentlich-Rechtlichen. „Es ist grundsätzlich richtig, dass ARD und ZDF hier vorangehen“, sagte VPRT-Geschäftsführer Claus Grewenig der taz. Sollten sie sich durchsetzen, dürfe es im Kabel „keine Diskriminierung“ geben - will heißen: Die Privaten zahlen dann wohl auch nichts mehr.

Für die Kabelfirmen bedeutet die bisherige Regelung sicher verdientes Geld bei kleinem Aufwand. So ist auch zu erklären, warum sich das deutsche TV-Kabel mit der Digitalisierung schwer tut und es hier überhaupt noch analoges Fernsehen gibt. Immer noch empfangen rund die Hälfte der deutschen TV-Haushalte ihr Signal über Kabel - in Westdeutschland mehr als in den östlichen Bundesländern. Allein die öffentlich-rechtlichen Sender zahlen dafür rund 60 Millionen Euro im Jahr (ARD: 45 Millionen Euro, ZDF: 15 Millionen Euro).

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