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Abberufung der DB-Cargo-ChefinEs wird Zeit, dass sich der Verkehrsminister einschaltet

Nanja Boenisch

Kommentar von

Nanja Boenisch

Cargo-Chefin Sigrid Nikutta hat nicht überzeugt, also muss sie vermutlich gehen. Doch auch der Verkehrsminister Patrick Schnieder ist verantwortlich.

Bei der DB Cargo war sie nicht erfolgreich: Sigrid Nikutta Foto: Kay Nietfeld/dpa

W ar es respektvoll, wie das mutmaßliche Ende Sigrid Nikuttas an der Spitze der DB Cargo an die Öffentlichkeit drang? Wohl kaum. Mit Evelyn Palla leitet seit Kurzem die erste Frau jemals die Deutsche Bahn AG. Jetzt muss eine andere Frau ihren hohen Posten bei der Güterverkehrstochter der DB räumen. Ist es sinnvoll, Palla dafür einen Vorwurf zu machen? Auf keinen Fall.

Wenn Evelyn Palla die Bahn samt all ihren Sparten wieder in die Spur bringen soll, darf sie auch Che­f:in­nen­stel­len neu besetzen. Erst recht, wenn sie das in Abstimmung mit anderen Führungskräften tut – und wenn es gute Gründe gibt zu glauben, dass Sigrid Nikuttas Ideen die DB Cargo nicht aus der Krise hätten hieven können. Eigentlich trägt aber auch noch ein ganz anderer die Verantwortung: der Bundesverkehrsminister nämlich. Es wird Zeit, dass er sich einschaltet.

In der Krise ist die DB Cargo schon seit einer ganzen Weile. Im Gegensatz zu den privaten Wettbewerbern machte die Bahntochter seit Jahren Miese, schon bevor Nikutta ihre Stelle dort 2020 antrat. Als Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe hatte sich Nikutta vorher noch einen guten Ruf erarbeitet. Bei der DB Cargo war sie weniger erfolgreich. Seit 2020 wuchsen die Verluste des Unternehmens insgesamt auf gut 3 Milliarden Euro. Nikutta kürzte Tausende Stellen. Auch ansonsten setzte sie aufs Kürzen und Sparen, zum Beispiel bei Werkstätten und Loks.

Dafür musste sie vor allem von der Eisenbahngewerkschaft EVG scharfe Kritik einstecken, die erst vor Kurzem lautstark Nikuttas Rauswurf forderte. Zugegeben: Dass der Bahnvorstand der Forderung jetzt nachkommt, wo die DB mit Evelyn Palla eine Chefin hat, die glaubhaft arbeitnehmernah auftritt – das hat einen Beigeschmack. Allerdings wurde die Luft nicht nur wegen der EVG dünn für Sigrid Nikutta. Auch die Beratungsfirma Oliver Wyman verlor in einem Gutachten kaum ein gutes Wort über die Cargo-Chefin und ihre Pläne für das Unternehmen. Nikutta konnte nicht überzeugen, also muss sie nun vermutlich gehen. Am 30. Oktober trifft der Aufsichtsrat eine offizielle Entscheidung. Hart, aber in Ordnung.

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Gleich mehrere politischen Dimensionen

Nicht in Ordnung ist, dass das Bundesverkehrsministerium unter Patrick Schnieder (CDU) dem Schienengüterverkehr bisher kaum Beachtung schenkt. Dabei hat die Krise der DB Cargo gleich mehrere politische Dimensionen. Wenn Gütertransporte von der Straße auf die Schiene verlagert werden, ist das ein riesiger Hebel im Kampf gegen die Klimakrise. Außerdem ist vor allem der sogenannte Einzelwagenverkehr schuld an der Misere bei der Bahntochter. Der ist wenig profitabel – aber politisch gewollt, weil er den deutschen Vorzeigeindustrien Chemie und Stahl nutzt.

Damit die DB Cargo wirtschaftlich wird und dem Klimaschutz helfen kann, braucht es nicht nur eine gute Nachfolge für Nikutta. Nicht nur ein neues Sanierungskonzept aus der Bahn selbst. Sondern vor allem einen politischen Fahrplan für den Schienengüterverkehr. Den muss Schnieder liefern.

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Nanja Boenisch
Redakteurin
Schreibt im Ressort Wirtschaft + Umwelt über Mobilität und Verkehrswende.
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8 Kommentare

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  • "Dass der Bahnvorstand der Forderung jetzt nachkommt, wo die DB mit Evelyn Palla eine Chefin hat, die glaubhaft arbeitnehmernah auftritt – das hat einen Beigeschmack."

    Welcher Beigeschmack soll das sein?

    Dass eine Firmenchefin zu gewerkschaftsnah agiert, ist in einer linken Zeitung ein Beigeschmack?

    Oder war damit was anderes gemeint?

  • Frau Nikkuta ist/war seit 1.Januar 2020 im Bahnvorstand, Herr Schnieder seit 6.Mai 2025 Verkehrsminister. Warum sollte Schnieder, noch nicht mal ein halbes Jahr im Amt, "auch verantwortlich" sein?

  • "Nikutta kürzte Tausende Stellen. Auch ansonsten setzte sie aufs Kürzen und Sparen, zum Beispiel bei Werkstätten und Loks."

    Wenn man es schafft, mit dem Güterverkehr Miese zu machen, was wirklich nicht einfach ist und dann noch als "Konzept" die Zerstörung der Grundlagen hat, ist man für den Job nicht geeignet und wird gefeuert. Völlig richtige Entscheidung der neuen Bahnchefin.

    Der Verkehrsminister muss da nicht auch noch seinen Senf dazugeben. Besonders weil er jetzt auch nicht die absolute Fachkraft ist.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die Personalie hat die neue Bahn-Chefin geerbt. Jetzt wird diese als die Chefin gepostet. die die Frauenquote ruiniert.



      M.E. hätte dies der Verkehrsminister selbst auf den Weg bringen können oder auch insofern seinen Senf dazugeben können, dass dies auf seine Anregung erfolgt.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Bis auf die letzten zwei Sätze ist Ihre Position richtig.

      • @e.a.n:

        P.S. Ist jetzt nicht bekannt dafür, zu allem seinen Senf dazu zu geben, aber:



        Woher sollte er seine Fachkompetenz bekommen haben?

      • @e.a.n:

        Warum soll sich der Verkehrsminister einmischen, wenn die Entscheidung der Bahnchefin richtig ist? Das würde ja so aussehen, als wäre sie nicht erwachsen genug, selbst Entscheidungen zu treffen.

        Außerdem ist es wohl wahrscheinlich, dass der Verkehrsminister von der Einstellung von Frau Palla mit ihr über ihre Pläne gesprochen hat.

      • @e.a.n:

        Der Verkehrminister war fast ein ganzes Jahr (1998-1999) als Rechtsanwalt tätig ehe er Bürgermeister wurde, und seitdem Pausenlos in der Politik tätig ist.

        Die letzten beiden Sätze des Vorredners sind genauso richtig, wie alles andere auch.