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Abschieben in ein zerstörtes LandWadephul sorgt mit weiterer Syrien-Äußerung für Aufregung

Der Außenminister hat mit einer Äußerung in Syrien für Irritationen in den eigenen Reihen gesorgt. Nun legt er nach: mit einem Vergleich mit 1945.

Außenminister Johann Wadephul am Ende seiner Nahostreise auf dem Rückflug nach Berlin Foto: Marcus Brandt/dpa

dpa | Außenminister Johann Wadephul sorgt mit einer weiteren Äußerung zur Lage in Syrien für Aufregung in der Union. In der Sitzung der Bundestagsfraktion am Dienstagnachmittag soll er nach Angaben mehrerer Teilnehmer gesagt haben, Syrien sehe schlimmer aus als Deutschland 1945. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur bestätigt, nachdem vorher bereits mehrere andere Medien darüber berichtet hatten. Das Auswärtige Amt äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.

Mehrere Teilnehmer der Sitzung äußerten sich irritiert über die Aussage. Ein Abgeordneter bezeichnete den Auftritt Wadephuls in der Fraktion als „schlimm“ und „desaströs“. Die Unterstützung für den Außenminister in der Fraktion schwinde.

Wadephul hatte bereits in der vergangenen Woche mit einer Äußerung in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien für Unmut in den eigenen Reihen gesorgt. Beim Besuch einer schwer verwüsteten Vorstadt von Damaskus zweifelte er an, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“, sagte er.

Einige in seiner Fraktion verstanden das als Distanzierung vom Kurs der Union, dass syrische Straftäter so schnell wie möglich abgeschoben und eine freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland gefördert werden soll. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) stellte dann am Montag klar: „Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen.“

Spahn kritisiert späte Klarstellung

In der Union sorgte aber weiterhin für Ärger, dass Wadephul seine Äußerung nicht früher selbst geradegerückt hat. So sagte Fraktionschef Jens Spahn (CDU) an die Adresse des Außenministers: „Gelegentlich hilft es im Zweifel, dann schnell die Dinge auch noch mal klarzustellen und einzuordnen.“

Die Klarstellung des Außenministers folgte erst am Dienstag, kurz vor der Fraktionssitzung. Das Auswärtige Amt und er selbst unterstützten das Ziel aktiv und konstruktiv, Straftäter und Gefährder nach Syrien und Afghanistan zurückzuführen, sagte er. „Da gibt es überhaupt keine Differenz.“ Zudem arbeite man mit Hochdruck daran, dass eine größere Zahl von Syrern freiwillig zurückkehre, damit diese ihr Land wieder aufbauten. Genau das habe auch Merz gesagt, betonte Wadephul.

Keine Wortmeldung zu Wadephul-Einlassungen

In der Fraktion äußerte er sich ähnlich, erhielt für seine Ausführungen aber nur wenig Applaus, wie Teilnehmer berichteten. Der Vergleich zu 1945 soll ganz am Ende gefallen sein. Allerdings gab es anschließend auch keine Wortmeldungen anderer Abgeordneter dazu.

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1 Kommentar

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  • "Ein Abgeordneter bezeichnete den Auftritt Wadephuls in der Fraktion als „schlimm“ und „desaströs“. Die Unterstützung für den Außenminister in der Fraktion schwinde."



    Nicht verwunderlich bei der Spannbreite des Meinungsspektrums in der "Volkspartei", aber wahrscheinlich gibt's auch Leute, die nicht kuschen und ihre eigenen Ambitionen im Vordergrund sehen.



    "Ich gehöre zu den Menschen, die stolz darauf sind, dass wir dieses Asylrecht haben."



    Bei cda-bund.de



    "Nach der Diskussion rund um Aussagen von CDU-Chef Merz hat NRW-Sozialminister Karl Josef Laumann für den Zusammenhalt der Gesellschaft beim Thema Asyl appelliert. Im Interview mit dem WDR5 Westblick machte er deutlich, dass einerseits die aktuell große Anzahl von Geflüchteten nicht mehr zu bewältigen sei. Dennoch dürfe man nicht vergessen, dass man über Menschen rede."



    Hier ist Meinung und Haltung gefragt, auch vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Biografien und Mentalitäten.



    Bereits im Januar in der taz:



    taz.de/Gotteshaeus...ldebatte/!6065889/



    Wie ein Déjà-vu, denn damals:



    "Die beiden Kirchen äußern grundsätzlich tiefes Befremden über „Zeitpunkt und Tonlage“ der aktuellen Debatte."



    Echt disruptiv.