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Abschied von der DruckereiAbends bleibt das Telefon jetzt still

Bisher endete jeder taz-Tag mit dem Anruf in der Druckerei. Dabei sind jahrzehntelange Beziehungen entstanden. Nun ist Schluss damit.

Wie eine Achterbahn winden sich die tazzen durch die Halle Foto: Jan Kahlcke
Jan Kahlcke

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Jan Kahlcke aus Pinneberg

taz | Was ich nach der Seitenwende vermissen werde? Den allabendlichen Anruf in der Druckerei Beig & Co. in Pinneberg. „Hab mir gedacht, dass du das bist, so spät wie das wieder ist“, pflegt Ute zu schelten, entwaffnend ehrlich und ein bisschen streng. Nur um dann ganz gelassen weiterzuplaudern.

Neulich haben wir die Druckerei besucht. Für uns Zeitungsleute ist das immer ein Moment, in dem wir ganz ehrfürchtig werden. Wir sahen, wie die Drucker die Farben nachregulieren, immer wieder Prüfdrucke machen, bis alles stimmt. Wie riesige Papierrollen aus nachhaltiger Produktion eingespannt werden, die die Druckerei extra für die taz bevorratet, ohne dass das hauchdünne Papier reißt. Wie zigtausende tazzen sich an einer achterbahnartigen Schiene durch die Halle schlängeln – bis am Ende taz-Pakete fertig verschnürt zum Transport bereitstehen.

Aber vor allem haben wir Ute besucht, in der „Plattenküche“. Dort belichtet sie die Druckplatten mit einer lasergesteuerten Maschine, millimeterbruchteilgenau, damit die vier Druckfarben am Ende ein scharfes, buntes Bild ergeben. Seit 36 Jahren macht sie das jetzt schon. Den Renteneintritt hat sie irgendwie verpasst, einfach weitergemacht.

Ihre Augen hinter dem roten Brillengestell sind immer noch superkritisch. Wenn die gelernte Druckvorlagenherstellerin ihr Okay gibt, dann können wir sicher sein, dass wir zumindest formal alles richtig gemacht haben.

Die Druckplatten haben einen unverwechselbaren Code, zeigt Ute Foto: Jan Kahlcke

Und wenn ihr was komisch vorkommt, fragt Ute lieber einmal zu viel nach als zu wenig: Soll da wirklich so viel Weißraum sein? Da ragt ja noch ’ne Linie in den Text! Und habt ihr gesehen, dass das Datum auf der Seite nicht stimmt? Wie oft hat sie uns damit gerettet!

Nur wenn Ute behauptet, sie habe auch schon alle Texte gelesen, fünf Minuten nachdem wir die letzte Seite geschickt haben – dann wissen wir, dass es geflunkert ist.

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