Abstiegskampf in der Bundesliga: Tee für den Klassenerhalt

Augsburg und Greuther Fürth ähneln sich in ihrer Erfolgslosigkeit. Beide Teams glänzen nur zwischen den Strafräumen und träumen vom Wunder.

Auch der ganze Tee wird dem Abstiegskandidaten vermutlich nicht den Klassenerhalt sichern: Greuther-Fürth-Trainer Mike Büskens Bild: dpa

FÜRTH taz | Meterhoch stapeln sich die eingeschweißten Teeverpackungen im Vorraum. Dass im verglasten Container-Provisorium, das bis zum nächsten Umbau des Fürther Ronhofs noch die VIP-Logen beherbergt, in diesen frostigen Tagen eine schöne Erinnerung an sonnige Zeiten lagert, mag Zufall sein.

Auf jeden Fall ist bei der SpVgg Greuther Fürth noch genügend der Mischung „1. Liga Tee“ vorrätig. So heißt das Produkt aus dem Vestenbergsgreuther Teeladen, der Firma von Präsident Helmut Hack. Daneben steht auf der Pappschachtel: „Meistermischung für Erfolg“. Und darunter in dunkelgrüner Schrift: „Guarana-Poer und Krauseminze-Frische für noch mehr Klassenerhalt“.

Entweder wurde der Tee zu wenig getrunken, oder er nützt nichts. Jedenfalls wird der Meister der Zweiten Liga vor dem Hinrunden-Kehraus auf dem letzten Tabellenplatz der ersten Liga geführt, was gewiss nicht am mangelnden Erfindungsreichtum liegt. Ein Vorwurf, der übrigens auch den Vorletzten FC Augsburg nicht trifft, der heute im Kellerduell im Frankenland vorstellig wird.

Die bayrischen Schwaben haben zuletzt tatsächlich den Extremsportler Joey Kelly eingeladen. Der ausdauernde Musiker berichtete vom Atacama-Crossing, einem 250-Kilometer-Lauf durch die chilenische Wüstenlandschaft. Dessen Botschaften, hofft Manager Jürgen Rollmann, „sind hoffentlich bei unseren Spielern angekommen“.

Wobei das Problem hier wie dort eigentlich anders gelagert ist, und davon kann Fürths Trainer Mike Büskens beispielsweise vertiefend erzählen. „Ich habe nicht das Gefühl, dass die Mannschaft sich in den letzten Monaten und Wochen hat hängen lassen“, erklärt der 44-Jährige.

Auch seinen Kollegen Markus Weinzierl hat man selten über fehlende Leidenschaft, hingegen viel über latente Leidensfähigkeit reden hören. Der Standardsatz des 37-Jährigen: „Die Mannschaft funktioniert, aber es fehlt der Lohn.“ Um Weinzierl kreist – im Gegensatz zu Büskens – deshalb auch eine nicht zu erstickende Debatte, die ihn noch den Job kosten könnte.

Die gleichen Klagelieder

Das Kellerduell gilt als Wegweiser, wer noch halbwegs guten Gewissens in die Winterpause gehen kann. Büskens beschreibt die Ausgangslage so: „Wenn du dir jetzt vor Augen führst, was du verlierst, dann beraubst du dich der Chance, was du sehen könntest, wenn du gewinnst.“ Rollmann betont: „Mir hat jemand gesagt, dass statistisch noch kein Klub mit acht Punkten zu diesem Zeitpunkt drin geblieben ist – ja, dann wird es aber Zeit.“

Neben den Durchhalteparolen klingen auch die Klagelieder ähnlich. Hier wie da gilt das Vertrauen einem weitgehend allürenfreien Aufgebot, das sich zwischen den Strafräumen sogar gegen Spitzenteams meist recht ansehnlich schlägt. „Da sind wir bundesligatauglich“, insistiert Büskens, aber es gehe auch darum, „im ersten und letzten Drittel effektiv zu sein.“ Und deshalb ernten zwei Abstiegskandidaten oft viele nette Worte, gleichwohl wenige Punkte.

Die Gegenmaßnahmen? Hinten haben beide den Torwart getauscht: In Augsburg, wo Mohamed Amsif den verletzten Simon Jentzsch vertritt, geschah das unfreiwillig; in Fürth, wo Wolfgang Hesl für gute Trainingsleistungen gegenüber Max Grün belohnt wurde, aus freien Stücken. Vorne fehlt erstligareife Treffsicherheit. Bester Augsburger Angreifer ist der lange verletzte Sascha Mölders mit drei Treffern, die Fürther haben überhaupt erst ein Stürmertor durch den aussortierten Edu erzielt.

Nicht umsonst schwärmt Büskens vom Stuttgarter Fünf-Millionen-Goalgetter Vedad Ibisevic oder jenem Torjägerquintett in Hannover, das sich beinahe beliebig Einsatzzeiten (und Tore) teilt. Die Spielvereinigung wird definitiv im Winter im Angriff nachrüsten, der FCA eher in anderen Mannschaftsteilen. „Es gibt immer noch genügend Spieler, für die ein FC Augsburg in der Ersten Liga attraktiver ist als der derzeitige Arbeitgeber“, verrät Rollmann: „Die Kandidaten sind ausgesucht, es muss nur noch vollstreckt werden.“

Trotzdem sind an beiden Standorten nur Feinjustierungen möglich; beide Klubs wollen schuldenfrei bleiben und schließen finanzielle Abenteuer aus. So scheint die missliche Lage eben auch den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschuldet: Fürth gibt rund 13 Millionen Euro an Personalkosten aus, Augsburg etwa 18 Millionen. Weniger als die Hälfte des Ligadurchschnitts. Solche Armenhäuser müssen einfallsreich sein. Insofern ist Hilfe durch Krauseminze-Frische und Atacama-Crossing gar nicht der falsche Ansatz.

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