Abstimmungen in Berlin: CDU gewinnt eine Wahl

Unerwarteter Erfolg für die Berliner Union: Mit 31 Prozent wurde sie stärkte Partei – bei der U-18-Wahl im Jugendknast.

Kai Wegner vor einem Bild des Brandenburger Tores

Bei jungen Knackis beliebt: Kai Wegner, Spitzenkandidat der CDU in Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | Man könnte meinen, dass die CDU bei Häftlingen nicht den besten Ruf genießt: Wegen ihrer mantramäßig wiederholten Forderungen nach früherer Strafmündigkeit, härteren Strafen und mehr Law-and-Order gelten die Insassen der Knäste nicht unbedingt als naheliegendste Zielgruppe. Zumindest für die Jugendstrafanstalt Berlin scheint das aber nicht zu gelten.

Wie das herauskam? Wie an vielen Schulen bundesweit durften auch die Schü­le­r*in­nen der dem Knast zugehörigen Helmuth-Hübener-Schule aus Anlass der Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl an einer U-18-Wahl teilnehmen. Damit sollen die politischen Präferenzen jener widergespiegelt werden, die (noch) nicht wahlberechtigt sind.

Oft endet diese Wahl mit den Grünen als Sieger – in Berlin lagen sie dieses Mal mit 25 Prozent vor der SPD mit rund 21 Prozent und der CDU mit bloß 12 Prozent – und der Tierschutzpartei als der AfD ebenbürtige Kleinpartei. Ganz anders hinter Gittern: Die CDU gewann mit 31 Prozent, die Grünen folgten mit zehn Prozentpunkten Abstand, die AfD erhielt lediglich 3 Prozent, und die Tierschutzpartei taucht in der Auswertung gar nicht auf. Die Wahlbeteiligung lag bei 76 Prozent; 119 Insassen machten mit.

Hat die CDU also eine relevante Klientel im Wahlkampf sträflich vernachlässigt? Sprach ihre schlüpfrige Schenkelklopfkampagne zu Verkehrsthemen vielleicht junge Menschen stärker an als gedacht? Oder war es der Lamborghini mit aufgeklebten Einschusslöchern, mit dem Spitzenkandidat Kai Wegner sich als cooler Gegner von Gangs darstellen wollte?

Mitarbeit der Haftanstalt

„In den Diskussionen der Jugendlichen hat der Verbrennungsmotor eine polarisierende Rolle eingenommen“

Darauf deutet einiges hin. Laut Sebastian Brux, Sprecher von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), hatten sich die Insassen im Vorfeld der Wahl in mehreren Workshops mit den politischen Positionen der Parteien beschäftigt. Und wie ein Beschäftigter der Jugendstrafanstalt mitteilt, habe „in den Diskussionen der Jugendlichen der Verbrennungsmotor eine polarisierende Rolle eingenommen“.

Dennoch darf die CDU nicht unbedingt auf einen Boom unter Jung­wäh­le­r*in­nen hoffen, zumindest nicht, ohne ihre Politik zu ändern. Denn neben den im Bund und Land nicht wahlberechtigten Menschen unter 18 haben bei der Wahl im Knast auch viele mitgestimmt, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, also selbst mit 18 Jahren nicht an die Wahlurne dürfen. Und wenn es nach der Union geht, auch nie dürfen werden.

Merkel in positiver Erinnerung

Wer genauer nachfragt, erkennt, dass die Union einen beträchtlichen Teil potenzieller Wäh­le­r*in­nen ignoriert. So berichtet der Beschäftigte der Strafanstalt weiter: „CDU haben tatsächlich etliche junge Männer aus Syrien, Afghanistan usw. gewählt, weil sie die CDU mit Frau Merkel und deren Haltung in der Flüchtlingskrise offenbar positiv in Erinnerung haben; zudem stehe die CDU für den Verbrennungsmotor – und von einem großen Auto träumt hier fast jeder junge Mann bei uns.“

Und das gut Abschneiden der Grünen? Sie wurden bei „den jungen Männern positiv gesehen, weil sich diese Partei gegen Abschiebungen ausspreche und für Integration stehe; zudem wird diese Partei im Vollzug wahrgenommen als eine Partei, die sich für die Gefangenen einsetzt.“

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