Abtreibung in Österreich: Hürden ohne Ende

Eine dubiose Initiative von Lebensschützern versucht das Recht auf Schwangerschaftsabbruch auszuhöhlen. Das Bündnis gibt sich modern.

Das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch in Wien

Auch ein Ort des Protests: Das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch in Wien Foto: imago/Steinach

WIEN taz | Flott und auf der Höhe der Zeit kommt sie daher, die Initiative zur Unterhöhlung des Rechts auf Abtreibung in Österreich. Sie sammelt seit einigen Monaten Unterschriften. Unter dem Hashtag #fairändern verbirgt sich keine Bewegung, die Aktionen gegen den Klimawandel oder für gerechten Handel einfordert, sondern ein konservatives Bündnis. Dieses stellt den in den 1970er Jahren mühsam erreichten gesellschaftlichen Konsens in Frage stellt.

„Die politische Lage für eine positive Veränderung im Lebensschutz war seit Einführung der Abtreibung 1975 noch nie so gut wie jetzt“, schreibt die Plattform auf Facebook. Gemeint ist das Wirken der ÖVP-FPÖ-Koalition unter dem Neokonservativen Sebastian Kurz, die systematisch daran arbeitet, sozialdemokratische Errungenschaften zu beseitigen und durch Umstrukturierungen und Umbenennungen zu signalisieren, woher der Wind weht.

Da wird die Mindestsicherung, die den Bedürftigen ein Minimum an Würde garantieren sollte, für Ausländer und kinderreiche Familien gekürzt und wieder in die stigmatisierende „Sozialhilfe“ umbenannt. Die Aufnahmezentren für Asylsuchende heißen jetzt „Ausreisezentren“, damit Flüchtlinge von Anfang an wissen, was sie im neuen Österreich erwartet.

60.650 Unterschriften hat die Initiative, hinter der die Anti-Abtreibungs-Organisation Jugend für das Leben (JfdL) steckt, bis dato gesammelt. Anders als die katholischen Fundamentalisten, die jahrelang vor Abtreibungsklinken Plastikföten verteilt oder vor dem Abtreibungsmuseum von Christian Fiala Hand in Hand gebetet hatten, tourten die Aktivisten im Herbst mit einem Bus durch Österreich und gaben sich modern.

Prominente Politiker als Unterzeichner

Sie wissen einflussreiche Personen auf ihrer Seite. Zu den Erstunterzeichnern zählen so prominente Politiker wie Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ), Niederösterreichs Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und die ehemalige Stabhochspringerin Kira Grünberg, die seit einem Sportunfall im Rollstuhl und jetzt für die ÖVP im Nationalrat sitzt. Auch Kardinal Christoph Schönborn und Toni Faber, der Pfarrer von St. Stephan werben auf der Homepage für eine Unterschrift.

Gefordert wird nicht ein generelles Abtreibungsverbot, wie es etwa die polnische Regierung vergeblich durchzusetzen versuchte, sondern die Einrichtung von Hürden für Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben. Darunter sind auch die Hinweispflicht des Arztes auf Unterstützungs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen, eine dreitägige Bedenkzeit und die „Abschaffung der eugenischen Indikation“.

In Österreich ist der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche straffrei. Kinder können aber bis zur Geburt abgetrieben werden „wenn […] eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde […]“. Die Initiative sieht darin „nicht nur eine deutliche Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, sondern vor allem ein unwürdiges Werturteil über ihr Lebensrecht“.

„Wer von den Unterschützern der Petition kann eine Frau dazu zwingen, ein todgeweihtes Kind auszutragen? Das ist einfach unmenschlich“, sagt der Gynäkologe Martin Langer, Leiter der Frauenklinik am Wiener AKH, im Wochenblatt profil.

Feministinnen sehen eine Attacke auf das Selbstbestimmungsrecht der Frauen und fürchten, dass nach dem ersten Schritt der Ruf nach Kriminalisierung der Abtreibung folgen werde. Sie antworteten im Februar mit dem Kampfruf „Keinen Millimeter zurück“. Binnen kürzester Zeit sammelten sie unter dem Hashtag #KeinenMillimeter rund 18.000 Unterschriften. Das Vorhaben, gegen das sie kämpfen, wird am 7. Mai im Petitionsausschuss des Nationalrats behandelt.

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