Abtreibungsdebatte in den USA: Herzschlag gegen Frauenrechte

Der Gouverneur hat unterschrieben: Der Bundesstaat North Dakota bekommt die landesweit strengsten Gesetze gegen Schwangerschaftsabbrüche.

Kundgebung von Abtreibungsgegnern im vergangenen Januar in San Francisco. Bild: reuters

WASHINGTON taz/dpa | „Veto-Veto-Veto“, skandieren Hunderte von DemonstrantInnen im Schnee in Bismarck vor dem Sitz von North Dakotas Gouverneur Jack Dalrymple. Vergeblich. Am Dienstag hat der Republikaner ein Gesetz unterschrieben, das Frauen einen Schwangerschaftsabbruch verbietet, sobald der fetale Herzschlag gehört werden kann, also rund sechs Wochen nach der Empfängnis, wie die Tageszeitung USA Today berichtete. Auch Abtreibungen mit der Begründung eines genetischen Defektes beim Baby sind künftig nicht mehr erlaubt.

Mit seinen 700.000 EinwohnerInnen ist North Dakota einer der am dünnsten besiedelten Bundesstaaten der USA. Zugleich hat er – dank des örtlichen Öl-Booms – die niedrigste Arbeitslosigkeit und sucht landesweit nach neuen Fachkräften, die bereit sind, in die Einöde zu ziehen. Auch bei Schwangerschaftsabbrüchen ist North Dakota anders: Mit 11 Abtreibungen auf 1.000 Schwangerschaften liegt der Bundesstaat weit unter dem US-Durchschnitt. Der liegt bei 20.

Trotzdem haben sich die mehrheitlich republikanischen Abgeordneten in den Wintermonaten auf den Kampf gegen die Abtreibung konzentriert. Dabei haben sie nicht nur das Verbot von Abtreibungen in North Dakota sowie die Schließung der einzigen Abtreibungsklinik im Bundesstaat im Sinn. Sondern sie wollen auch die Grundsatzentscheidung des obersten US-Gerichts zu Fall bringen. Das hat im Jahr 1973 in dem Streit Roe gegen Wade festgelegt, dass Frauen selbst entscheiden können, ob sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen.

Eines der Gesetze legt fest, dass eine befruchtete Eizelle ab dem Moment der Empfängnis eine „Person“ im juristischen Sinne ist. Das Repräsentantenhaus in Bismarck hat dieses Gesetz mit 57 gegen 35 Stimmen angenommen. Konservative quer durch die USA versuchen seit Jahren, auf diesem Wege jede Abtreibung zu kriminalisieren. Aber anderswo waren sie damit bislang gescheitert.

Verbot der Pille danach

Die übrigen in North Dakota verabschiedeten Gesetze verbieten Abtreibungen aufgrund von genetischen Missbildungen und aufgrund des Geschlechts. Sie verbieten die Pille danach. Und sie schaffen zusätzliche administrative Hürden für ÄrztInnen, die bereit sind, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.

Um jeden Rückweg zu verbauen, soll den Bürgern North Dakotas bei den Wahlen im November 2014 ein Zusatz zur Verfassung vorgeschlagen werden. Er besagt: „Das Recht auf Leben zu jedem Moment der menschlichen Entwicklung ist unveräußerlich und muss anerkannt und geschützt werden.“

„Noch ist Abtreibung in North Dakota legal“, ist in diesen Tagen auf der Webseite der Red River Women’s Clinic in Fargo zu lesen. Es ist die einzige Klinik im Bundesstaat, die überhaupt Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Die Ärztinnen – ausnahmslos Frauen – pendeln zwischen drei Bundesstaaten: die beiden Dakotas und Minnesota.

„Herr Gouverneur, die Bürger North Dakotas sind stolze und freie Menschen“, erklärt Mary Markland in einer Zeitung in Fargo, „es ist unsere Privatsache, wann wir eine Familie gründen.“ Für die Gegenseite antwortet Amanda Ellerkamp von Respect Life. Sie fordert vom Gouverneur die Unterschrift, um das „gottgegebene“ menschliche Leben zu verteidigen.

Die sogenannte „Pro Life“-Bewegung in den USA hat in diesem Jahr auch andernorts Erfolge erzielt. So verkürzte Arkansas Anfang März die Zeit, in der Abtreibungen durchgeführt werden dürfen, auf zwölf Wochen. Ausschlaggebend ist – so das Gesetz – der erste Herzschlag des Fötus. Im Wettlauf um die radikalste Beschneidung des Abtreibungsrechts war Arkansas damit ein paar Wochen lang führend.

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