„Adoptier deinen Abgeordneten“: Netzpolitische Entwicklungshilfe

Die Digitale Gesellschaft sucht für jeden Abgeodneten des Bundestags einen Paten. Es geht um die Vermittlung von digitaler Medienkompetenz und um kreatives Fundraising.

Teuer, gehoben, billig: Entwicklungsminister Dirk Niebel (19 Euro), CDU-Abgeordneter Ronald Pofalla (14 Euro) und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (4 Euro) Bild: ap

BERLIN taz | Dirk Niebel kostet 19 Euro im Monat. Peter Almaier immerhin neun Euro. Ein echtes Schnäppchen ist da schon Alexander Dobrindt: Läppische vier Euro monatlich muss man für die Patenschaft des CSU-Generalsekretärs spenden. Da mussten wir einfach zuschlagen. Kristina Schröder ist ja schon vergeben.

„Adoptier deinen Abgeordneten“ heißt die Plattform, die seit Donnerstag online ist und von der Digitalen Gesellschaft e.V. auf der Bloggerkonferenz re:publica in Berlin vorgestellt wurde. Für jeden der 620 Abgeordneten des Deutschen Bundestags wird ein Pate gesucht.

„Wir wollen im Sinne unseres Vereinszwecks die Partizipation am politischen Prozess fördern“, sagt Markus Beckedahl, Vorsitzender der Digitalen Gesellschaft. Zum einen sei die Plattform ein kreatives Mittel zum Fundraising, zur Spendengenerierung für den Verein.

Man wolle aber auch ermöglichen, dass sich Bürger an Abgeordnete binden, sich in gewisser Weise auch für sie verantwortlich fühlen. „Letztlich geht es also auch um netzpolitische Entwicklungshilfe, darum, die Medienkompetenz der Politiker zu fördern“, sagt Beckedahl.

Reger Austausch geplant

Der Verein wird alle Paten regelmäßig über aktuelle netzpolitische Gesetzesvorhaben, Initiativen und Debatten informieren. Die Paten sollen dann in regen Austausch mit ihrem Abgeordneten treten. Auf der Plattform gibt es so genannte Patentagebücher, in denen die Paten ihre Kommunikation mit ihren Patenabgeordneten öffentlich dokumentieren sollen.

Finanziert wird die Plattform über Spenden. Die Höhe reicht von 19 Euro bis 4 Euro im Monat, je nach (netz-)politischer Wichtigkeit. Minister, Staatssekretäre und Mitglieder in den netzpolitisch entscheidenden Ausschüssen sind teuer. „Günstig sind dagegen die Masse an Abgeordneten, die netzpolitisch unerfahren sind und dennoch ständig mit ihrer Fraktion Themen, von denen sie nicht viel Ahnung haben, abstimmen müssen“, sagt Beckedahl.

Daher die Idee des individuellen Betreuungsverhältnisses. Im Idealfall sollen die Paten für die Abgeordneten Ansprechpartner bei netzpolitischen Fragen werden, die Sicht der Verbraucher zu bestimmten Gesetzesvorhaben direkt vermitteln.

Die Vergabe der Patenschaften folgt dem Prinzip „first comes, first serves“. Am Donnerstagnachmittag waren bereits ein gutes Dutzend Politiker vergeben. Darunter Kanzlerin Angela Merkel, Grünen-Chefin Claudia Roth und Außenminister Guido Westerwelle. Ist man mit seiner Patenschaft unzufrieden, kann der Abgeordnete zum Quartalsende zurückgegeben werden, er wird danach neu vergeben. Wenn sich Paten daneben benehmen, sich Abgeordnete zu Recht beschweren, werde die Patenschaftenschaft entzogen.

„Ich freue mich auf meinen Paten“

Die Reaktionen von Seiten der Abgeordneten seien bisher unterschiedlich. Einige fänden es kreativ und lustig, andere seien eher genervt und hielten das Projekt für überflüssig.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler findet die Aktion gut. „Entwicklungshilfe bei der Netzpolitik schadet nie“, sagte er taz.de. Den Preis von sechs Euro für seine Partenschaft findet er angemessen. „Ich freue mich auf meinen Paten.“

Taz.de hat am Donnerstagmittag die Patenschaft für CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt beantragt. Er selbst war bis zum Nachmittag nicht zu erreichen. Wir werden berichten, wenn er sich zu seiner Patenschaft äußert und hier über den Fortschritt der Beziehung auf dem Laufenden halten.

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