Änderung der Berliner Verfassung: Rasse soll aussterben

Bislang verbietet die Landesverfassung die Diskriminierung wegen der „Rasse“. Grüne und Piraten wollen den Begriff streichen.

Rassistische Unterscheidungen haben genug Unheil angerichtet. Bild: dpa

Grüne und Piraten wollen den Begriff der „Rasse“ aus der Berliner Verfassung streichen. Am Donnerstag steht ihr Antrag erstmals auf der Tagesordnung des Parlaments. In Artikel 10 heißt es bisher: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Der Antrag sieht vor, in Zukunft die Ungleichbehandlung „aus rassistischen Gründen“ statt wegen „seiner Rasse“ zu verbieten.

Der Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt sagt, es sei „aus vielerlei Gründen an der Zeit, das zu ändern“. Man wolle „mit dem Missverständnis aufräumen, als gebe es menschliche Rassen, das ein unbedarfter Leser derzeit haben könnte“. Es verweist auf andere Nationen und Bundesländer, die ihre Verfassungen in den letzten Jahren entsprechend geändert haben: „Es steht Berlin als multikultureller Stadt gut an, da mit voranzugehen.“

Der Piraten-Abgeordnete Simon Weiß sagt: „Es ist richtig, rassistische Diskriminierung zu benennen und zu verbieten, aber nicht mit den Begriffen, in denen der Rassismus drinsteckt.“ Die Piraten tragen den Antrag mit, „weil das, was momentan in der Verfassung steht, den Eindruck erweckt, als gäbe es etwas wie Menschenrassen“. Davon sei man in der Vergangenheit ausgegangen, aber das sei falsch.

Da in der Verfassung ein Begriff durch einen anderen Begriff mit juristisch gleicher Bedeutung ausgetauscht werden soll, bleibt die Rechtslage gleich. Es ist mit der Änderung nicht beabsichtigt, dass Gerichte in Diskriminierungsfällen anders entscheiden als bisher. „Es ist eine symbolische Änderung der Verfassung“, sagt Simon Weiß. „Es ist wichtig, ein deutliches politisches Zeichen zu setzen gegen Rechtstendenzen“, so Behrendt.

Für eine Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig. Grüne und Piraten haben zusammen knapp ein Drittel der Sitze. Behrendt sagt, es habe von den anderen Parteien bereits positive Signale gegeben: „Ich bin guter Dinge, dass wir uns mit allen Fraktionen einigen.“ Bei der Parlamentssitzung am Donnerstag wird der Antrag gemäß den Regularien zuerst in die Ausschüsse überwiesen. Ob es auch eine Aussprache zu dem Thema geben wird, ist noch unklar.

Brandenburg hatte im November seine Verfassung vergleichbar geändert. Auch dort wurde das „wegen seiner Rasse“ durch „aus rassistischen Gründen“ ersetzt. Zusätzlich wurde dort allerdings auch noch Antirassismus als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen: „Das Land schützt das friedliche Zusammenleben der Menschen und tritt der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entgegen.“ Der Beschluss fiel einstimmig.

Brandenburgs SPD-Innenminister Ralf Holzschuher sagte im Parlament: „Die Änderung der Verfassung ist wohlgemerkt eine Klarstellung, denn unsere moderne Verfassung, unsere wirklich gute brandenburgische Landesverfassung, stand immer schon für den Kampf gegen Rassismus – natürlich. Eine einmütige Klarstellung dieses Hauses zu dieser Zeit ist noch einmal eine Bekräftigung und ein gutes Signal.“ Zum Wort „Rasse“ sagte er, es sei „rechtshistorisch zu erklären, warum das Wort da steht und warum es noch im Grundgesetz steht, aber es ist ein sprachlich völlig verfehltes Relikt“.

Im Nachbarland Frankreich strebt Präsident François Hollande eine ähnliche Änderung an. Bislang steht in der Verfassung, Frankreich „gewährleistet die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ohne Unterschied der Herkunft, Rasse oder Religion“. Hollande möchte „Rasse“ durch „Ethnie“ ersetzen.

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