Änderung der Staatsbürgerschaft: Abschottung vervollständigt
Die Bundesregierung hat das Staatsbürgerschaftsrecht geändert. Jetzt müssen Menschen mit Migrationshintergrund länger auf ihren deutschen Pass warten.
V on „Verramschung“ der Staatsangehörigkeit war die Rede. Von „Turbo-Einbürgerung“. Nun hat der Bundestag einen Teil der erst im vergangenen Jahr in Kraft getretenen Reform wieder zurückgenommen: Es soll nun doch nicht mehr möglich sein, sich in Fällen besonders gelungener Integration schon nach drei statt nach fünf Jahren einbürgern zu lassen. Das allein ist kein Drama. Die Botschaft aber, die mitschwingt, schon: Die Bundesregierung vertraut Menschen, die nicht als Deutsche geboren sind, nicht wirklich.
Die Neuregelung ist ohnehin nur ein Kompromiss, die Union wollte im Grunde die gesamte Reform des Staatsangehörigkeitsrechts rückgängig machen, samt Möglichkeit des Doppelpasses. Da sei der Verzicht auf die schnelle Einbürgerung „für uns akzeptabel“, sagte SPD-Fraktionsvize Sonja Eichwede. „Zumal die Möglichkeit bislang kaum genutzt wurde.“
Das mag stimmen – aber verkennt, dass die Regierungskoalition damit eben ein Signal sendet. Dafür muss man den Blick nur etwas weiten: Just einen Tag nach der Abstimmung über das Staatsangehörigkeitsrecht diskutiert der Bundestag über die Umsetzung der Geas-Reform. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem soll noch mehr und noch brutaler Geflüchtete fernhalten.

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Die Bundesregierung will künftig zudem per Verordnung – also ohne störende Blockaden in Bundestag oder Bundesrat – bestimmen können, welche Herkunftsländer „sicher“ sind. Die Zeichen stehen auf Abschottung, längst nicht nur gegenüber Menschen, die hierher flüchten. Die migrationsfeindliche Stimmung im Land trifft auch jene, die etwa zum Arbeiten nach Deutschland gekommen sind, und sogar jene, die hier geboren wurden.
„Wir geben dem deutschen Pass heute den Wert zurück, den er verdient“, jubelt die Union. Als ob die Hürden für die schnelle Einbürgerung nicht immer noch sehr hoch gewesen wären. Einige Menschen werden nun ohne vernünftigen Grund wieder länger auf ihren deutschen Pass warten müssen. Aber betroffen sind von dieser Entscheidung noch viele mehr.
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