AfD-Freunde und Türkische Nationalisten: Die Grauen Wölfe laden ein

Eine türkische Hochschulgruppe mit Verbindungen zu Nationalisten hat in Hannover einen AfD-nahen Burschenschaftler zum Vortrag gebeten.

Eine zum Wolfsgruß geformte Hand vor einer türkischen Fahne

Bildhaft: der Gruß der Extremistengruppe Graue Wölfe Foto: dpa

HAMBURG taz | Wer am vergangenen Wochenende einen Sonntagsspaziergang durch den hannöverschen Uni-Park geplant hatte, sah sich mit einem enormen Polizeiaufgebot konfrontiert. Eine Reiterstaffel und eine Hundertschaft der Polizei schützten ab 13 Uhr eine Veranstaltung in der Leibniz-Universität, die viele lieber nicht in den Räumen der Hochschule gesehen hätten.

Die türkische Hochschulgruppe „Takepart – Partizipation durch Qualifikation“ hatte zu einer Veranstaltung zum Thema „Politische Systemanalyse und demokratische Streitkultur“ eingeladen. Die Veranstaltung, deren Titel nach einem schlecht besuchten politikwissenschaftlichen Seminar klang, zeigte sich bei genauerem Hinsehen als Grund für zahlreiche Kon­troversen.

Die studentische Organisation, so schreibt sie in ihrem Netzauftritt, möchte Jugendlichen und Studierenden mit türkischem Migrationshintergrund durch weitergehende Informationen zu mehr politischer Teilhabe verhelfen. Dafür erhält sie vom Landesjugendring Niedersachsen staatliches Fördergeld.

Das klingt unproblematisch. Doch die Organisation lässt sich mit den Grauen Wölfen in Verbindung bringen. Graue Wölfe, so nennen sich die Anhänger der türkischen „Partei der nationalistischen Bewegung“ MHP. Seit ihrer Gründung 1969 gilt die MHP als rechtsextrem und minderheitenfeindlich. In der Vergangenheit bezichtigte man sie bereits des Terrors und politisch motivierter Morde. Die Grauen Wölfe selbst bezeichnen sich als „Ülkücüler“ – Idealisten. Auf dem Logo von „Takepart“ prangen drei Halbmonde – neben dem Wolf das Symbol der türkischen Nationalisten.

Redner stellt den Völkermord an den Armeniern in Frage

Die Hochschulgruppe gehört zum Verein „Türkische Jugend und Studenten“. Dieser gibt in seiner Satzung an, bei einer Auflösung solle sämtliches Kapital an die „Türkische Familienunion und Umgebung“ überschrieben werden. Diese wiederum findet sich in einer 2011 von der niedersächsischen Linkspartei erstellten Liste von deutsch-türkischen Anhängern der Ülkücü-Bewegung. Zu deren Forderungen gehört unter anderem die Wiedervereinigung aller Turkvölker vom Balkan bis Zentralasien in einer „Großtürkei“.

Als Redner für das Wochenende hatte „Takepart“ Johannes Henrich, einen AfD-nahen Kommunalpolitiker aus Siegen, eingeladen. Früher CDU-Mitglied, trat Henrich aus der Partei aus, als diese 2016 den Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg als solchen anerkannte. Henrich ist Alter Herr bei der Münchener Burschenschaft Stauffia. 2013 berichtete die Süddeutsche Zeitung über die Verbindung: Die Stauffia hatte ihre Räume am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, für eine Veranstaltung der rechtsextremen Burschenschaft Danubia zur Verfügung gestellt.

Die Partei der nationalistischen Bewegung (MPH) wurde 1969 von Alparslan Türkes gegründet.

Ihr Name steht in enger Verbindung zur türkischen Mythologie: Der Wolf ist Teil der türkischen Abstammungsgeschichte.

In Deutschland sind die Grauen Wölfe in drei Dachverbänden organisiert. In 303 Vereinen sind 18.500 Mitglieder aktiv.

Panturkismus ist die Ideologie der Grauen Wölfe. Der Traum von einem großen türkischen Reich richtet sich aber auch gegen Minderheiten, insbesondere Kurden.

Zudem gründete Henrich das „Forschungszentrum Südosteuropa und Kaukasus“, das auf der Website als „Anti-Mainstream-Thinktank“ bezeichnet wird. Zu den nicht stromlinienförmigen Behauptungen Henrichs gehört, dass der Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg nicht als solcher zu bezeichnen wäre. Wenn überhaupt, müsse von zwei Völkermorden gesprochen werden, da es auch eine große Anzahl muslimischer Opfer gegeben habe, erläutert Henrich auf dem YouTube-Kanal „Türkische Diaspora in Deutschland“.

Auf die Frage, ob Universitäten umstrittenen Gruppen ein Podium bieten sollten, sagt Andrea Wiese, Sprecherin der Leibniz-Universität: „Die Universität soll ein Ort freier Meinungsäußerung und Diskussion sein, sofern diese nicht dem Grundgesetz widersprechen.“ Es bestehe die Möglichkeit, einen Antrag auf Überprüfung der Verfassungskonformität zu stellen. Wäre diese nicht gegeben, so würde der Überlassung von Räumen widersprochen werden. „Dies war in dem vorliegenden Fall nicht ersichtlich“, sagt Wiese.

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