AfD-Podium in der Bremer Bürgerschaft: Rechte Türpolitik

Träume vom Nationalsozialismus: Eine Veranstaltung der AfD in der Bürgerschaft Bremen zeigt, was passiert, wenn man Rechte gewähren lässt.

Ein junger Mann steht in der Tür und grinst komisch. Vor ihm stehen Leute, die reinwollen.

Durfte Türsteher am Besuchereingang der Bürgerschaft spielen: Robert Teske von der Jungen Alternative Foto: Jean-Philipp Baeck

BREMEN taz | Am Donnerstagabend konnte man erleben, was passiert, wenn man der AfD die Bürgerschaft überlässt. Bei der Podiumsdiskussion des Bremer Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz (AfD) durfte Robert Teske, Vorsitzender der vom Verfassungsschutz beobachteten Jungen Alternative Bremen, am Besucher­eingang Türsteher spielen.

Die Plätze waren begrenzt, Teske durfte am Eingang auswählen, wer die von der AfD-Bundestagsfraktion persönlich eingeladenen Gäste sind. Alle Freunde der AfD durften zuerst rein, danach die Presse, dann erst die Öffentlichkeit – die Mehrheit der Gegendemonstrant*innen musste draußen bleiben. Wer es in den Saal schaffte und dort protestierte oder an den falschen Stellen klatschte, wurde vom Bürgerschaftsdirektor und ehemaligen Verfassungsschutzchef Hans-Joachim von Wachter mit Verweis auf die Hausordnung rausgeschmissen.

Bei der Veranstaltung verharmlosten die Redner die rechtsextreme Identitäre Bewegung und verbreiteten völkische Verschwörungsideologien. Ein ehemaliger Kameradschaftler und extrem Rechter mit Verbindungen bis ins NSU-Umfeld, Benedikt Kaiser, durfte von einem „sozialen Nationalismus“ und einer „Querfront“ träumen. Dazwischen saß der als Pegida-Versteher bekannte Politologe und CDU-Mitglied Werner Patzelt und hörte artig den kruden und rassistischen Fantasien zu.

Die Bürgerschaft erlaubt es Bundestagsabgeordneten aus Bremen grundsätzlich, Veranstaltungen im Landtag durchzuführen. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Kristina Vogt, hatte diesmal aber ein Verbot der Veranstaltung gefordert: „Wenn jemand rechtsextreme Bezüge hat, muss man sich schon die Frage stellen, ob eine solche Veranstaltung hier geht“, so Vogt mit Blick auf Podiumsgast Benedikt Kaiser.

Die im Vorfeld bekannte rechte Biografie Benedikt Kaisers (siehe taz- Interview), gab laut Bürgerschaft jedoch keine „ausreichenden Hinweise“ für ein Verbot der Veranstaltung. Besonders schwierig findet Vogt jedoch die Einlasskontrolle durch Teske: „Dieser ‚Saalschutz‘ erinnert an düstere Zeiten unserer Geschichte. Wer AfD wählt, wählt wissentlich Nazis“, so Vogt.

Zur Türpolitik der AfD sagt Dorothee Krumpipe, Sprecherin der Bürgerschaft: „Die AfD-Bundestagsfraktion hatte ihre eigenen Gäste eingeladen.“ Die Bürgerschaft habe trotz Aufforderung aber von der AfD keine Gästeliste bekommen.

„Deswegen war Teske am Besuchereingang und hat die Leute identifiziert“, so Krumpipe. Das Hausrecht hätte dennoch zu jedem Zeitpunkt bei der Bürgerschaft gelegen. „Teske durfte auf keinen Fall entscheiden, wer nicht reinkommt“, so Krumpipe. Aus Sicht des Reporters und vieler Anwesender war das vor Ort anders.

Kein Zutritt für Linken-Abgeordnete

Dass die AfD tatsächlich gerne Saalschutz gespielt hätte, wurde vor Ort klar: Während der Veranstaltung sagte Teske zu einem Glatzkopf, der in Türsteher-Manier im Eingang stand: „Die kommt hier nicht wieder rein … wir sind voll.“ Gemeint war damit Vogt, die kurz zuvor den Raum verlassen hatte. Als Abgeordnete hätte sie selbstverständlich Zutritt gehabt – und auch Sitzplätze wären da noch vorhanden gewesen. Aber aus „Gründen der Psychohygiene“ wollte Vogt ohnehin nicht wieder rein.

Sie hat verpasst, wie der kulturpolitische Sprecher der AfD, Marc Jongen, vom „gesteuerten“ Experiment fabulierte, ethnisch „homogene“ Staaten zu multiethnischen zu machen und rassistische Bedrohungsszenarien an die Wand warf: „Der Fortbestand des Volkes ist nicht mehr gesichert“, sagte er. Das war der Moment, als Bürgerschaftsdirektor von Wachter reingrätschte und sagte: „Das ist jetzt zu rassistisch für unsere Hausordnung.“ Robert Teske und Konsorten reagierten darauf mit Gelächter und höhnischem Beifall.

Wegen der Hausordnung wollte Jongen dann auch nicht sagen, wer denn nun die „kulturhegemonialen Eliten“ seien, welche den Bevölkerungsaustausch „gezielt steuerten“. Die Anwesenden hatten natürlich trotzdem eine Ahnung, wer gemeint war. Jongen gab noch an die Hand, dass man immer die Frage „Cui bono?“ stellen müsse – Lateinisch für „Wem nützt es?“. Aber ein Fan von Verschwörungstheorien sei er nicht.

Politologe Patzelt forderte zwar, die AfD müsse „gewisse demagogische Lautsprecher“ in der Partei abstellen, hakte aber nicht ein, als Jongen und Kaiser eine gewisse „völkische Homogenität“ als „Basis der Demokratie“ einforderten.

Und so klingt dann auch der Schlusssatz von Frank Magnitz wie eine durchaus ernstgemeinte Drohung: „Wir werden ganz schnell andere Verhältnisse schaffen.“

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