AfD-Wahlkampf in Sachsen-Anhalt: Rechts ist noch Platz

Ein Kandidat gratuliert dem Front National. Ein anderer nennt sich „Dutschke von rechts“. Beide wollen den Sieg der AfD bei der Wahl in Sachsen-Anhalt.

AfD-Politiker Poggenburg vor Wahlplakaten der AfD.

... und zwar ganz viel Platz für rechte Themen. Präsentiert von André Poggenburg, dem AfD-Spitzenkandidaten in Sachsen-Anhalt Foto: dpa

WITTENBERG/MAGDEBURG taz | Der Spitzenkandidat ist kein großer Redner. Jeden Satz liest André Poggenburg ab, jede Silbe betont er gleichförmig. Es klingt ein bisschen, als würde er lallen. Björn Höcke aus Thüringen kann sich und seine Zuhörer in einen nationalen Rausch reden, Alexander Gauland aus Brandenburg mühelos einen Bogen von Bismarck bis zur Russlandpolitik der Großen Koalition spannen. Poggenburg aber, Spitzenkandidat der AfD bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, wird aller Voraussicht nach ein so gutes Ergebnis einfahren wie kein anderer vor ihm in der Partei.

Mehr Wähler als der SPD sagen manche Umfragen der AfD voraus. Ein solcher Erfolg würde den rechten Parteiflügel weiter stärken. Poggenburg versteht sich als „nationalkonservativ“.

Es ist ein Samstag im Januar, die AfD läutet auf ihrem Landesparteitag die heiße Phase des Wahlkampfs ein. Poggenburg, 40, steht im schwarzen Nadelstreifenanzug auf der kleinen Bühne im Hotel Piesteritzer Hof in der Lutherstadt Wittenberg. „Wir stemmen uns gegen Masseneinwanderung und Multikulti“, ruft er. Dies überfordere „unsere Gesellschaft und unser deutsches Volk“, raube ihm „die Identität und die Sicherheit“.

Die Schlagworte hört man auch von anderen aus der Partei, aber Poggenburg spricht anders als die Akademiker Alexander Gauland, Björn Höcke oder Frauke Petry, die Vorzeigefiguren der AfD. Poggenburg, dem seit einem Arbeitsunfall ein Daumen fehlt, hat bis vor Kurzem eine Firma für Autokühlerbau in Stößen bei Naumburg betrieben. Er wolle die patriotischen, vor allem auch nichtakademischen und selbstständigen Mitglieder vertreten, so empfahl er sich im Sommer für den Bundesvorstand. Für die AfD-Mitglieder ist er „einer von uns“. Er kultiviert dieses Image.

Er spricht nicht, er doziert

Kurz nach Poggenburg tritt Hans-Thomas Tillschneider ans Mikrofon, ein Mann mit kahl geschorenem Kopf und dunkler Hornbrille. Der 37-Jährige hat schon mehrfach erfolglos versucht, für die AfD in ein Parlament einzuziehen, diesmal könnte es klappen. Er steht auf Platz zehn der Landesliste. Das hört sich nach künftigem Hinterbänkler an, aber das ist Tillschneider nicht. Der Rumäniendeutsche, der früher im sächsischen Landesvorstand war, ist Sprecher der „Patriotischen Plattform“, ein Strippenzieher am rechten Rand der Partei, der an einem Netzwerk zwischen AfD, Neuer Rechten und Bewegungen wie Pegida spinnt.

Tillschneiders Thema: Bildungspolitik. Der Islamwissenschaftler, Akademischer Rat auf Zeit an der Universität Bayreuth, spricht nicht, er doziert, fast so, als würde er vor einem Oberseminar vortragen. Er kritisiert die „internationale Gleichmacherei“ durch Pisa, will das deutsche Diplom wiederhaben und die Gender-Studies abschaffen, weil sie „die Ordnung unseres Denkens von innen her auflösen“. Das Thema ist populär, doch Tillschneider bleibt abstrakt, an den Mitgliedern im Saal redet er vorbei. „Wer die nationale Eigenart, das Bildungswesen verschleift, der raubt einer Nation ihre Seele.“ An den Tischen beginnen Gespräche, einem älteren Mann fallen die Augen zu.

Sitzverteilung: Das Land wird derzeit von einer Koalition aus CDU und SPD regiert. Den Ministerpräsidenten, Reiner Haseloff, stellt die Union, die mit 32,5 Prozent der Stimmen im Parlament 42 Sitze hat. Die SPD (21,5 Prozent) hat 26 Sitze, die Linke (23,7 Prozent) stellt 28 Abgeordnete, die Grünen (7,1 Prozent) haben 9 Sitze. Die NPD scheiterte knapp an der 5-Prozent-Hürde.

Umfragen: Am 13. März wird ein neuer Landtag gewählt. Im Februar sahen Demoskopen die AfD bei 17 Prozent. Für die SPD ergaben Umfragen zuletzt zwischen 16 und 18 Prozent, für die Grünen 5 Prozent.

Poggenburg und Tillschneider sind zwei ganz unterschiedliche Männer. Während der eine sich als leutseliger Mittelständler verkauft, versucht sich der andere als neurechter Intellektueller. Man kann auch sagen: Sie ergänzen sich gut. Was sie eint, ist nicht nur ihre Verbundenheit mit dem talentierten AfD-Populisten Höcke. Sie teilen auch eine Mission: Sie wollen die AfD zu einer „Widerstandsbewegung“ machen.

So steht es in der „Erfurter Resolution“, die Poggenburg und Höcke im Frühjahr 2015 initiierten, Tillschneider gehört zu den Erstunterzeichnern. Zu einer Widerstandsbewegung gegen „die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität Deutschlands“ und „gegen die Gesellschaftsexperimente der letzten Jahrzehnte (Gender.Mainstreaming, Multikulturalismus, Erziehungsbeliebigkeit)“. Für die AfD-Rechten, die sich „der Flügel“ nennen, ist die Erfurter Resolution eine Art Glaubensbekenntnis.

Es gibt Schwein, und es gibt Schwein

Mit der Erklärung sägten die drei am Stuhl des damaligen Parteichefs Bernd Lucke, der ihnen nicht radikal genug war. Der marktliberale Lucke ist seit dem Essener Parteitag im Juli Geschichte, die Partei spaltete sich, mancher hoffte schon auf das Ende der Partei. Doch dann fand die AfD ihr Thema: Sie positionierte sich als die Anti-Flüchtlings-Partei. In immer schrilleren Tönen schürt sie die Angst vor den Fremden – und lebt davon. Auch Poggenburg machte Asyl zum zentralen Wahlkampfthema. Ende Januar etwa, bei einer AfD-Demonstration in Magdeburg, ruft er ins Mikrofon: „400.000, 200.000 – alles Blödsinn.“ Derzeit gebe es „nur eine Obergrenze, und die heißt null!“

Mittagspause im Piesteritzer Hof. Die Kellnerinnen schleppen große Teller mit Essen herein. Die AfDler können zwischen gefüllten Schweineröllchen und überbackenen Schweinemedaillons wählen.

Zeit, Hans-Thomas Tillschneider anzusprechen. Der lehnt eine Verabredung zum Gespräch allerdings ab. Er habe schlechte Erfahrungen gemacht und rede nur noch mit „befreundeten Medien“, sagt er – mit Compact etwa, dem rechten Magazin des ehemals linken Jürgen Elsässer, „vielleicht auch mit der FAZ“. Auf Fragen werde er schriftlich eingehen. Die 19 Fragen, die er per Mail erhält, beantwortet Tillschneider nicht.

Poggenburg dagegen spricht. Er empfängt Mitte Februar in der kleinen Landesgeschäftsstelle in Magdeburg zum Gespräch, in einem Bürogebäude zwischen Apotheke und Arztpraxen. Die Wand bedeckt ein riesiges Wahlplakat mit acht Landtagskandidaten wie eine Fototapete. Poggenburg setzt sich, lächelt und erzählt von seiner Karriere.

„Oh, noch so ein Ex-AfDler, der total versagt hatte...“

Kurz nach der Bundestagswahl 2013 trat er in die Partei ein, unter Luckes Führung war sie gerade knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert. Der sachsen-anhaltische Landesverband war zerstritten, Poggenburg brachte ihn als Vorsitzender auf Linie. Ein Landesparteitag stellte sich hinter die Erfurter Resolution, die Kandidaten auf den ersten sieben Listenplätzen für die Landtagswahl haben sie alle unterzeichnet.

Ehemalige Weggefährten wie der Naumburger Versicherungsagent Carsten Schmidt, der mit Poggenburg für die AfD im Kreistag saß, werfen ihm vor, Kritiker aus der Partei zu mobben. Über Andreas Hollstein, Poggenburgs Nachfolger als Kreischef, schrieb Poggenburg bei Facebook: „Oh, noch so ein Ex-AfDler, der total versagt hatte … sind wir froh, solche 00 los zu sein ;-)“ Im Dezember trat Schmidt aus der AfD aus. Er vermutet: Poggenburg will sich im Landtag vor allem finanziell sanieren. Jüngst wurde bekannt, dass das Amtsgericht Haftandrohungen gegen Poggenburg erließ, weil er nicht zur Vermögensauskunft erschienen war. Es gab auch ein Strafverfahren gegen Steuerhinterziehung. Poggenburg sagt, es sei gegen eine Zahlung von 500 Euro eingestellt worden.

Die AfD-Politiker Poggenburg und Höcke stoßen mit Bier an. Im Hintergrund eine Karnevalkulisse.

Sie mögen sich: der Fraktionsvorsitzende der AfD im Thüringer Landtag, Björn Höcke (r.), und Sachsen-Anhalts Spitzenkandidat der AfD, André Poggenburg Foto: dpa

Im Richtungsstreit der AfD, der auf dem Essener Parteitag gipfelte, unterstützte Poggenburg, wie Höcke und Tillschneider, Luckes Gegenspielerin Frauke Petry. Dass Poggenburg nach Luckes Sturz als Beisitzer für den Bundesvorstand kandidierte, war im Flügel abgesprochen. „Ich stehe für eine nationale politische Grundeinstellung“, sagte er. Im zweiten Anlauf wurde er gewählt.

Auch Tillschneider stand auf der Wunschliste für den Bundesvorstand, die der rechte Flügel auf dem Parteitag verteilte. Kurz vor der Wahl zog er seine Kandidatur zurück. „Nach Petrys Wahlsieg und der Wahl von André Poggenburg bestand die Gefahr einer Überhitzung, wenn dann noch jemand wie ich, der als eine Art Rudi Dutschke von rechts gilt, in den Bundesvorstand kommt“, sagte Tillschneider später dem neurechten Magazin Sezession.

Wie das Trio gegen Frauke Petry arbeitet

Ihren Einfluss bauen Tillschneider, Poggenburg und Höcke seitdem aber aus. Sie mobilisieren auf der Straße und knüpfen Netze ins rechte Lager jenseits der AfD.

Poggenburg gilt als Höckes Mann im Bundesvorstand. Geschickt verschieben die drei die Grenze nach rechts. Dabei gehen sie auch gegen Parteichefin Petry vor, die versucht, eine gewisse Distanz zur extremen Rechten zu wahren und Höcke zu bremsen.

Das Muster: Höcke, manchmal gemeinsam mit Poggenburg, provoziert, mal mit Deutschlandfahne bei „Günther Jauch“, mal mit einem Gratulationsschreiben an den Front National, mal mit einer Rede über das Reproduktionsverhalten des „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyps“. Greift Petry ein, springt Poggenburg Höcke bei; wenn nötig, versucht er, Sanktionen im Bundesvorstand zu verhindern. Tillschneider preist Höcke mit Hilfe der Patriotischen Plattform und wirft Petry vor, sie beschneide die Meinungsfreiheit. In der Das-wird-man-doch-wohl-sagen-dürfen-Partei ist das ein massiver Vorwurf, einer, der auch Lucke gemacht wurde. Unterstützt werden die drei immer häufiger von Alexander Gauland, auch ein Nationalkonservativer, der große Stücke auf Höcke hält.

***

Herr Poggenburg, sind Sie mit Frauke Petry als Bundesvorsitzende zufrieden?

„Frauke Petry vertritt vielleicht nicht ganz die Linie, die ich vertrete, ich ordne mich als Nationalkonservativer ein, aber ich stehe zu ihr als Bundesvorsitzende. Ich finde allerdings nicht gut, dass sie mit Ordnungsmaßnahmen auf politische Aussagen von Parteimitgliedern reagieren wollte, die ihr nicht gefallen.“

Ist Frauke Petry eine gute Vorsitzende?

„Tja, dazu müsste man Vergleiche haben, bisher hat sie viel erreicht.“

Können Sie sich eine bessere vorstellen?

„Für die Phase, die wir hinter uns haben, nicht, wenn ich die Zeit Ende letzten Jahres ausnehme.“

Ist sie die Richtige für die Zukunft?

„Das ist die Frage, da bin ich mir persönlich nicht ganz sicher.“

Wäre Björn Höcke ein besserer Bundesvorsitzender?

„Ich könnte mir Björn Höcke auch gut an der Bundesspitze vorstellen. Aber er bräuchte in einer Doppel- oder Mehrfachspitze vielleicht einen Liberalen als Ausgleich an seiner Seite.“

***

Poggenburg wird immer wieder Nähe zu Rechtsextremen nachgesagt. Er weist das zurück. Seine Gratulation an den französischen Front National? Das habe mit Rechtsextremismus nichts zu tun, sagt Poggenburg in der Landesgeschäftsstelle. „Der Wahlerfolg ist positiv, weil Marine Le Pen unbequeme Dinge mutig anspricht, die im Volk Thema sind, und eine große Wählerschaft hinter sich vereint.“

Die Aufnahme eines ehemaligen Abgeordneten der rechtsextremen DVU in seinen Landesverband, die gegen die Satzung verstößt? „Das wurde mir angedichtet, damit hatte ich nichts zu tun, die Aufnahme erfolgte allein durch den zuständigen Kreisverband.“ Die Veranstaltung in Tröglitz nach dem Angriff auf das dortige Flüchtlingsheim, bei der er mit einem wegen Volksverhetzung verurteilten Rechtsextremisten auf dem Podium saß? „Ich habe nicht gewusst, dass diese Person in Tröglitz außer mir sprechen wird. Sie war mir damals unbekannt.“

So kann man weitermachen. Poggenburg wusste wahlweise von nichts, wurde missverstanden, oder die „Lückenpresse“, wie er es nennt, dichtete ihm böswillig etwas an. Nur bei einer Frage wird er offensiv: Was hat es mit dem Weihnachtsgruß auf sich, den er auf Facebook gepostet hat, samt dem Appell, über die „Verantwortung für die Volksgemeinschaft“ nachzudenken? „Diesen im Grunde äußerst positiven Begriff habe ich ganz gezielt gewählt“, sagt er. „Ich wollte auch aufzeigen, dass es eine Gesinnungspolizei in Deutschland gibt. Es wird uns eingeredet, dass es ein Begriff aus dem Nationalsozialismus ist, aber das stimmt nicht.“

Sebastian Striegel kennt Einlassungen dieser Art. Poggenburg setze bewusst Signale dieser Art, sagt der Rechtsextremismusexperte der grünen Landtagsfraktion. Auf den AfD-Demonstrationen laufe auch stets die örtliche Neonazi-Szene mit. „Die Verbalradikalisierung lockt solche Leute an.“ Besorgt beobachtet Striegel die massive Steigerung bei den rechten Gewalttaten, etwa den Angriffen auf Flüchtlingsheimen. „Wir hatten noch nie so viele rassistische Aufmärsche wie 2015, wir reden inzwischen über mehrere Versammlungen pro Woche.“

„Klassische preußische Tugenden“ vermitteln

Poggenburgs Argumentation erinnert an die der Neuen Rechten, jener Intellektuellen, die an einer Sammlung und Modernisierung des rechten Lagers arbeiten. Im Wahlprogramm der AfD wird ihnen vieles gefallen. Da wird der Nationalsozialismus zu „zwölf Unglücksjahren“ verharmlost. Da wird gefordert, die Schulen sollen „eine gefestigte Nationalidentität“ vermitteln, die Schüler „die klassisch preußischen Tugenden“ wie Geradlinigkeit, Pünktlichkeit und Ordnungssinn lernen. Museen und Theater sieht die AfD in der Pflicht, „einen positiven Bezug zur eigenen Heimat zu fördern“.

„Völkisch-nationalistisch“ nennt David Begrich vom Verein Miteinander das Wahlprogramm. Er beobachtet seit Jahren die rechte Szene in Sachsen-Anhalt. Einer Untersuchung der Universität Leipzig zufolge ist die Zustimmung zu ausländerfeindlichen Parolen hier bundesweit mit 42 Prozent am höchsten. Bei der Anzahl „flüchtlingsfeindlicher Vorfälle“ in diesem Jahr, wie Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte oder Vandalismus, liegt das Land gemessen an der Bevölkerung gleich hinter Sachsen. 1998 zog die DVU aus dem Stand mit fast 13 Prozent in den Landtag ein.

Hans-Thomas Tillschneider mit einer Tasse in der Hand.

Gibt sich als Akademiker: AfD-Politiker und Islamwissenschaftler Hans-Thomas Tillschneider Foto: imago/Jens Jeske

Die ostdeutsche Bevölkerung, sagt Begrich, sei extrem enttäuscht von der Entwicklung nach der Wende. Hinzu komme eine tiefe Sehnsucht nach geordneten Verhältnissen und gesellschaftlicher Homogenität, die quer zu allen Parteien liege. Daran könne die AfD anknüpfen. Mit der Nazikeule könne man ihr nicht beikommen. „Man muss sich inhaltlich mit ihr auseinandersetzen, aber darauf sind die anderen Parteien schlecht vorbereitet.“

Beim argumentativen Schlagabtausch dürfte Poggenburg einer der leichteren Gegner in der AfD-Spitze sein. Er redet, aber sagt wenig. Wie will er eine Obergrenze null durchsetzen? Wer soll den Theatern vorschreiben, was aufgeführt wird? Im Detail müsse man das den Fachleuten überlassen, sagt er dann. Er sei kein Grenzschützer und kein Kulturpolitiker. Dann schaut er einen mit seinen blaugrauen Augen treuherzig an und lächelt. Bei einer Elefantenrunde im Fernsehen würde er damit nicht weit kommen.

Die Denkfabrik der neuen Rechten

Im Piesteritzer Hof beim Landesparteitag bewirbt sich jetzt Hans-Thomas Tillschneider für den Landesvorstand. Er spricht über sein Engagement für die Patriotische Plattform, von der es manchmal heiße, sie sei „gefährlich rechts“. Tillschneider wiegelt ab: „Sie werden keinen Nebensatz finden, der auch nur in die Nähe des politischen Extremismus gerät.“ Er wolle „eine neue patriotische Politik“, für die das Fundament noch gelegt werden müsse. Drei Minuten Zeit hat jeder der vier Kandidaten, um sich vorzustellen, Tillschneider spricht deshalb immer schneller. „Was wir haben, das sind politische Überzeugungstäter, das ist eine ehrliche Gesinnung, das sind Journalisten wie Jürgen Elsässer und Einrichtungen wie das Institut für Staatspolitik, wo ich morgen sprechen werde“, sagt er.

Das Institut, auf einem Rittergut im sachsen-anhaltischen Schnellroda beheimatet, ist die Denkfabrik der Neuen Rechten. Götz Kubitschek, den manche einen Salonfaschisten nennen, betreibt von hier aus die Zeitschrift Sezession und den Verlag Ataios.

Unter Bernd Lucke verhinderte der Bundesvorstand noch, dass Kubitschek und seine Frau in die AfD aufgenommen werden. Poggenburg, Höcke und Tillschneider aber stehen im Austausch mit der Neuen Rechten. Sie waren mehrmals auf dem Gut zu Gast, Höcke und Tillschneider als Redner. Mit Kubitschek und Elsässer hat Tillschneider auch die Initiative „Ein Prozent für unser Land“ gegründet. Die Idee: Ein Prozent der Deutschen genüge, um die Stimmung im Land nachhaltig zu verändern. Kubitschek stellt sich ein „Greenpeace für Deutsche“ vor.

Die AfD-Mitglieder im Piesteritzer Hof aber interessieren sich nicht für Netzwerkarbeit. Ein Mann meldet sich mit einer Nachfrage. Vielleicht mache er sich jetzt unbeliebt, sagt er, aber er wolle von Tillschneider wissen, wie es mit seinem Wohnsitz in Sachsen-Anhalt stehe. Da schwingt Misstrauen mit, da wolle sich einer durch einen Umzug vor allem Posten sichern. Er wohne seit Ende Juli in Bad Dürrenberg, „einer wunderschönen Stadt“, antwortet Tillschneider. Dass er die meiste Zeit dort verbringe, könne er durch Tagebucheinträge und Fahrkarten belegen. Gewählt wird er nicht.

Bei der Landtagswahl wird er aller Voraussicht nach mehr Erfolg haben. Sie wird den künftigen Abgeordneten nicht nur ein gesichertes Einkommen bescheren, sondern auch Ressourcen für die Fraktion: Geld, Mitarbeiter, Aufmerksamkeit. Die AfD steht in Umfragen in Sachsen-Anhalt bei 17 Prozent.

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