AfD nach dem Scheitern von Jamaika: Chance mit Risiko

Offiziell freut sich die AfD über den Abbruch der Jamaika-Verhandlungen. Doch so einfach ist es nicht – eine Neuwahl ist keine Erfolgsgarantie.

Weidel (li.) und Gauland, sitzend

Dia AfD-Spitzen freuen sich vielleicht zu früh auf eine Neuwahl Foto: ap

BERLIN taz | Viel Zeit verstreichen ließen die AfD-Fraktionschefs nicht. Gleich für kurz vor zehn Uhr am Montagmorgen luden sie vor den Fraktionssaal der Partei im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, um den Abbruch der Jamaika-Sondierungen zu kommentieren. „Ich sehe, dass wir wirken“, sagte Alexander Gauland in die aufgestellten Mikrofone. „Frau Merkel ist gescheitert, und es wird Zeit, dass sie als Bundeskanzlerin geht.“

Seine Kochefin Alice ­Weidel fügte unter zustimmenden Blicken Gaulands hinzu: „Wir freuen uns auch auf eventuelle Neuwahlen.“ In Umfragen habe die AfD seit der Bundestagswahl weiter zulegt. Freuen? Gauland und Weidel wirkten alles andere als freudig erregt. Das könnte daran liegen, dass ein Erfolg bei einer Neuwahl nicht so ausgemacht ist, wie ­Gauland und Weidel das darstellen. Zwar liegen die Rechtspopulisten in Umfragen derzeit bei bis zu 13,5 Prozent, bei der Wahl waren es 12,6. Doch Protestwähler könnten sich besinnen und ihr Kreuz wieder bei der CDU machen. Auch die nach rechts geschwenkte FDP könnte der AfD Stimmen kosten.

Zudem würden eine Neuwahl die Partei vor große organisatorische Schwierigkeiten stellen. Die Lage ist in zahlreichen Bundesländern desolat. In großen Landesverbänden wie Bayern und Nordrhein-Westfalen stehen Landesvorstandswahlen mit ungewissem Ausgang an. In den Ländern müssten – womöglich in kürzester Zeit – auf einem Parteitag erst Delegierte gewählt werden, die dann bei weiteren Versammlungen die Kandidaten für die Neuwahl bestimmen. Für letzteren Prozess hat NRW bei der Bundestagswahl drei Versammlungen gebraucht. Rechnet man die Schwierigkeit der AfD ein, geeignete Hallen für ihre Parteitage zu finden, könnte es bei schnellen Neuwahlen zeitlich knapp werden. Auch könnte der Streit um die Zusammensetzung der Listen neu ausbrechen.

Eine Neuwahl würde die AfD vor „organisatorische, logistische und finanzielle Herausforderungen“ stellen, räumte denn auch in Stuttgart Parteichef Jörg Meuthen ein, der beim Bundesparteitag in zwei Wochen wiedergewählt werden will. „Wahlkampf verschlingt Geld“, so Meuthen. Die Partei plane daher eine neue Spendenkampagne.

Besonders aber dürfte eine Neuwahl Ex-AfD-Chefin Frauke Petry ärgern. Sie hat die Partei kurz nach der Bundestagswahl verlassen, ein Abgeordneter aus NRW ist ihr gefolgt, beide behielten ihre Mandate. Obwohl Petry in Sachsen eines von drei Direktmandaten für die AfD geholt hat, ist es wohl ausgeschlossen, dass sie bei einer Neuwahl wieder in den Bundestag einziehen würde – für ihr Projekt „Blaue Wende“ womöglich das Aus.

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