Parteiausschluss-Verfahren in der AfD: Welche Nazi-Kontakte sind okay?

Das Landesschiedsgericht der AfD in Schleswig-Holstein will Doris von Sayn-Wittgenstein nicht ausschließen. Der AfD-Bundesvorstand legt dagegen Rechtsmittel ein.

Die ehemalige Landesvorsitzende der AfD Schleswig-Holstein, Doris von Sayn-Wittgenstein, geht in das Kieler Landeshaus.

Vernetzt mit Rechtsextremisten: Ex-AfD-Landeschefin Doris von Sayn-Wittgenstein Foto: dpa

HAMBURG taz | Das Landesschiedsgericht der AfD folgt nicht dem Bundesvorstand der Partei. Am Montag entschied das parteiinterne Gericht in Kiel, dass die ehemalige schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein nicht aus der vermeintlichen Alternative ausgeschlossen wird. Noch am selben Tag beschloss der Bundesvorstand gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Nun muss das Bundesschiedsgericht entscheiden. Die 64-Jährige sei bis zur Entscheidung, so der Vorsitzende des Landesschiedsgerichts, Gereon Bollmann, „weiterhin als Mitglied“ zu behandeln.

Am 17. Dezember vergangenen Jahres hatte der Bundesvorstand beschlossen, die Parteiaufnahme der ehemaligen Landeschefin und Landtagsabgeordneten zu widerrufen. Der Bundesvorstand musste hierfür satzungsgemäß das Landesschiedsgericht anrufen.

Zuvor hatte bereits die Landtagsfraktion Sayn-Wittgenstein ausgeschlossen. Den Anlass lieferte die Nähe der Juristin zu dem „Verein Gedächtnisstätte“, der vom Verfassungsschutz in Thüringen und Niedersachsen als rechtsextrem eingestuft wird. Die AfD führt ihn auf ihrer Unvereinbarkeitsliste. Die erste Vorsitzende des 1992 gegründeten Vereins war die Grand Dame der Holocaustleugnerszene, Ursula Haverbeck.

Das Schiedsgericht erklärte nun, dass „eine etwa zwei Jahre vor ihrem Aufnahmeantrag in der Partei erfolgte Unterstützung des Vereins“ nicht zu einem Ausschluss Sayn-Wittgensteins führen müsse, „da sich aus einer einmaligen Unterstützung keine zwingenden Rückschlüsse auf ein noch heute andauerndes rechtsextremistisches Weltbild ergeben“.

E-Mails an Rechtsextreme

Vor dem Schiedsgericht hatte Sayn-Wittgenstein eingeräumt, „etwa einmal jährlich“ an den Verein gespendet zu haben. Dass sie kein Mitglied sei, sagte der Vorsitzende der „Gedächtnisstätte“, Wolfram Schiedewitz, in der mündlichen Verhandlung.

Der AfD-Vizefraktionschef, Claus Schaffer, hatte dem Gericht zwar versichert, dass Sayn-Wittgenstein selbst erklärt habe, Vereinsmitglied gewesen zu sein. Doch zwei Aussagen, so das Gericht, stünden hier gegen eine.

Sayn-Wittgenstein habe sich zudem „von dem Verein distanziert“, so Bollmann, der als Richter am Oberlandesgericht Schleswig tätig ist. Auffallend: Landesschiedsgericht und Bundesvorstand ignorieren, dass Sayn-Wittgenstein E-Mails versandte, die ihre rechtsextreme Vernetzung offenbarten. Die Adressaten reichen von Freunden der Waffen-SS, Holocaust-Leugnern und Verfechtern einer Reichsideologie bis zum internationalen Rechtsextremismus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.