Afghanistan-Treffen im Moskau-Format: Taliban-Freunde gegen Trumps Forderung
In Afghanistans Nachbarschaft ist kein Staat an einer US-Militärpräsenz in der Region interessiert, wie sie Präsident Trump ins Spiel gebracht hat.

In seiner Eröffnungsrede hatte sich Russlands Außenminister Sergej Lawrow auch vehement gegen die Stationierung von Soldaten "extraregionaler Akteure" ausgesprochen.
Trump hatte im September erklärt, die USA wollten den beim Abzug ihrer Truppen vom Hindukusch 2021 aufgegebenen Stützpunkt Bagram zurückhaben. Anderenfalls würden "schlechte Dinge passieren". Zur Begründung sagte er, dass die Luftwaffenbasis „nur eine Stunde von dem Ort liegt, wo China seine Atomwaffen herstellt“.
Der Militärstützpunkt in der Shomali-Ebene nördlich von Kabul war in den 1950er Jahren mit Hilfe Moskaus errichtet worden und die wichtigste Basis während der sowjetischen Besetzung Afghanistans (1979 bis 1989). Von Ende 2001 bis August 2021 war es die wichtigste Drehscheibe für den Kampf der US-Streitkräfte und der Nato gegen die Taliban.
Moskau versucht Einfluss zu gewinnen
Deren nationalistisch-islamistisches Regime hatte Trumps Forderung umgehend mit der Bemerkung zurückgewiesen, man dulde keine fremden Soldaten in Afghanistan.
Die 2017 gegründeten Afghanistan-Konsultationen im Moskau-Format fanden jetzt bereits zum siebten Mal statt, davon zum fünften Mal nach der erneuten Machtübernahme der Taliban 2021. Außer Afghanistan und Russland gehören auch China, Indien, Iran, Pakistan sowie die vier zentralasiatischen Republiken Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan dazu. Erstmals nahm jetzt Belarus als Beobachter teil. Keiner dieser Staaten hat ein Interesse an einer erneuten US-Militärpräsenz in der Region.
Bis 2023 hatte die Regierung in Moskau noch Vertreter von Katar, den Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien und der Türkei zu den Treffen geladen, worauf der Sicherheitsexperte Ali Adili in einer Analyse hinweist. Einst waren sogar mal die USA als Gäste vertreten.
Jetzt war erstmals der Außenminister des afghanischen Taliban-Regimes, Amir Chan Mutaki, als offizieller Teilnehmer der Konferenz dabei, die auf der Ebene von Afghanistan-Sonderbotschaftern und einigen Außenministern stattfand. Bei den Treffen 2023 und 2024 hatten die Taliban nur als Gäste teilnehmen dürfen.
Moskau hat die engsten Beziehungen zum Taliban-Regime
Russland hatte im Juli das Taliban-Regime diplomatisch anerkannt als bisher weltweit einziger Staat. Erst wenige Monate zuvor hatte Moskau die Taliban von seiner Terrorliste gestrichen. Mit dem Moskau-Format und der Anerkennung der Taliban versucht das Putin-Regime wieder Einfluss in der Region zu gewinnen.
In der in Moskau verabschiedeten Erklärung wird die Notwendigkeit einer friedlichen und unabhängigen Entwicklung eines einigen Afghanistans betont wie auch die Notwendigkeit humanitärer Hilfe, der Gesundheitsversorgung, der Armutsbekämpfung, der Katastrophenvorsorge und des Handels sowie der regionalen Integration Afghanistans.
Zugleich wird die Notwendigkeit der Zusammenarbeit gegen den Terrorismus betont. Insbesondere das Nachbarland Pakistan wirft den afghanischen Taliban vor, den pakistanischen Taliban Unterschlupf zu gewähren und ihnen Angriffe in Pakistan zu ermöglichen.
Die sich lange terroristischer Methoden bedienenden afghanischen Taliban kämpfen ihrerseits gegen den lokalen Ableger des konkurrierenden Terrornetzwerkes Islamischer Staat (ISPK). Um dessen Ausbreitung zu erschweren, sind die Nachbarstaaten zu stärkerer Zusammenarbeit mit den Machthabern am Hindukusch bereit.
Frauen- und Menschenrechte kein Thema mehr
Auffällig ist, dass die jetzige Erklärung frühere Forderungen nach einer "inklusiven Entwicklung" in Afghanistan nicht mehr wiederholt und auch sonst keine Kritik an der Diskriminierung von Frauen oder an Menschenrechtsverletzungen der Taliban übt. Das konterkariert entsprechende Bemühungen etwa der Vereinten Nationen. Für den Sicherheitsexperte Adili zeigt dies einen Wandel des Treffens in Richtung zu den von Afghanistan ausgehenden potenziellen Sicherheitsrisiken sowie der "Nutzung als regionaler Plattform im Rahmen geopolitischer Rivalitäten".
Am Tag vor dem Treffen im Moskau-Format hatten bereits die Vertreter von Russland, China, Iran und Pakistan im kleinen Kreis konferiert und ihre Positionen abgestimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!