Afghanistan muss in die Stichwahl: Ring frei für Runde Zwei

Fünf Wochen nach der Präsidentschaftswahl schmieden die Bestplatzierten neue Allianzen. Aber die Wähler sind unberechenbarer geworden.

Abdullah Abdullah (l.) und Aschraf Ghani treten zur Stichwahl an. Bild: dpa

BERLIN taz | Afghanistans Präsidentenwahl muss in die zweite Runde. Keiner der acht Kandidaten konnte am 5. April mehr als die Hälfte der Stimmen gewinnen. Das gab – nach vierwöchiger, zum Teil kontroverser Bearbeitung Tausender Beschwerden wegen angeblicher Wahlmanipulationen – am Donnerstag in Kabul die Wahlkommission bekannt.

Jetzt treten am 14. Juni die beiden Bestplatzierten zur Stichwahl an: Exaußenminister Abdullah Abdullah, der auf 45,0 Prozent kam, und der frühere Finanzminister Aschraf Ghani Ahmadsai mit 31,6 Prozent. Salmai Rassul, ein weiterer früherer Außenminister, den viele Beobachter für den Favoriten des nach zwei Amtsperioden scheidenden Hamid Karsai hielten, kam nach müdem Wahlkampf nur auf 11,4 Prozent der Stimmen.

Abdullah hat es nicht geschafft, mit einer Flut von Wahlbeschwerden seinen Stimmanteil auf über 50 Prozent zu pushen. Trotzdem ist Ghanis Rückstand größer als erwartet. Ghani gehört zur Bevölkerungsmehrheit der Paschtunen, Abdullah wird dem Lager der nationalen Minderheiten und früheren antisowjetischen Mudschahedin zugeordnet, obwohl auch er väterlicherseits Paschtune ist.

Doch neu an dieser Wahl war, dass gerade die Millionen junger, städtischer und besser gebildeter Wähler nicht mehr nur nach ethnischen Kriterien entscheiden. Der als prowestlich geltende Wirtschaftsliberale Ghani etwa hatte sich den für Kriegsverbrechen verantwortlichen, allerdings nicht rechtskräftig verurteilten Usbeken-Warlord Abdul Raschid Dostum als Vize ins Boot geholt, der noch 2009 fast alle usbekischen Stimmen holte, damals für Karsai.

Das hat diesmal nicht funktioniert. Viele Usbeken stimmten für Abdullah, während progressive Afghanen, die eigentlich Ghani als Wirtschaftsfachmann präferierten, ihn dann nicht wählten..

Bis zum zweiten Wahlgang werden nun neue Allianzen geschmiedet. Abdullah hat bereits den Dritt- und den Fünftplatzierten, Rassul und Gul Agha Schersai, einen Karsai-Gegner, auf seine Seite gebracht. Rein rechnerisch würde das bereits reichen. Aber nicht alle Wähler folgen automatisch ihrem Spitzenkandidaten. Und einige Stammesführer, die in der ersten Runde Schersai unterstützt hatten, erklärten öffentlich, sie würden nun mit Ghani gehen.

Weitere Überraschungen im zweiten Wahlgang sind also nicht auszuschließen.

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