Afrikanische Flüchtlinge in Italien: Sechs Festnahmen nach Totenfund
Nach dem Fund von 25 Toten auf einem Flüchtlingsschiff werden jetzt sechs mutmaßliche Schleuser verhört. In Süditalien kam es am Montag zu gewaltsamen Protesten von Asylbewerbern.

LAMPEDUSA/ROM afp/dpa | Sechs mutmaßliche Schleuser werden nach dem qualvollen Tod von 25 jungen Männern in einem Flüchtlingsboot von den italienischen Ermittlern zu dem Migrantendrama auf See verhört. Die Migranten aus Ländern südlich der Sahara waren bei der Überfahrt von Tripolis zur italienischen Insel Lampedusa unter Deck vermutlich an Motorabgasen erstickt.
Wie der Staatsanwalt von Agrigento, Renato Di Natale, am Dienstag mitteilte, soll eine Autopsie nun noch klären, ob zwei der Männer auch durch äußere Gewalteinwirkung starben. Das Boot hatte am Montag mit etwa 270 Überlebenden an Bord Lampedusa erreicht.
Bei den sechs Verdächtigen handelt es sich nach italienischen Presseberichten um einen Marokkaner sowie um Syrer und Somalier. Die sizilianische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Tötung und der Begünstigung illegaler Einwanderung. Die sechs Männer sollen nach Zeugenaussagen das Flüchtlingsboot gesteuert haben.
Auf dem am vergangenen Samstag aufgebrochenen Boot waren die 25 Männer im Lade- und Maschinenraum zusammengepfercht worden und vermutlich nur Stunden nach dem Ablegen erstickt. Sie wurden von den Mitfahrenden daran gehindert, durch eine Luke an Deck zu kommen, weil das Flüchtlingsboot überfüllt war.
Verletzte und Festnahmen bei Protesten in Süditalien
In Italien sind bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Asylbewerbern am Montag mindestens 35 Menschen verletzt worden. Medienberichten zufolge kam es am Rande von Protesten der Einwanderer in der Nähe eines Aufnahmelagers im süditalienischen Bari zu der Gewalt. Dort hatten den Angaben zufolge mehrere hundert Asylbewerber gegen lange Wartezeiten bei der Bearbeitung ihrer Aufnahmeanträge demonstriert. Einige seien mit Steinen und Eisenstangen bewaffnet gewesen.
Die Demonstranten blockierten demnach eine Straße sowie ein Bahngleis, woraufhin der Zugverkehr mehrere Stunden lang zum Erliegen kam. Letztlich ging die Polizei mit Tränengas gegen die Protestierenden vor. Rund 30 Demonstranten wurden festgenommen. Am Montagabend kam es auch am Rande einer kleineren Demonstration von Einwanderern in Isola di Capo Rizzuto in Kalabrien zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Dort wurden zwei Demonstranten festgenommen.
In den vergangenen Wochen gab es bereits in mehreren italienischen Aufnahmelagern für Einwanderer Proteste. Die Lage ist dort wegen der Umbrüche in Nordafrika und der damit verbundenen Flucht vieler Menschen nach Europa besonders angespannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Robert Habeck tritt ab
„Ich will nicht wie ein Gespenst über die Flure laufen“
Kritik am Selbstbestimmungsgesetz
Kalkulierter Angriff
Habeck gibt Bundestagsmandat ab
Her mit der neuen Idee
Krise Polen-Ukraine
Wer soll Polen dann noch helfen?
Berlins neuste A100-Verlängerung
Vorfahrt für die menschenfeindliche Stadt
Bürgermeisterwahl in Ludwigshafen
Eine demokratische Farce