Airbnb und die Daten der Ver­mie­te­r: Berlin auf der Nase herumtanzen

Nach einem Gerichtsurteil dürfen Berlins Bezirke Airbnb zur Datenherausgabe verpflichten. Eigentlich. Die Plattform macht weiter, was sie will.

Eine Reisetasche ist in der Wohnung eines Airbnb-Gastgebers auf dem Bett im Schlafzimmer abgestellt

Legale oder illegale Ferienwohnung? Ein Symbolbild Foto: dpa/Jens Kalaene

Das Einhalten von Recht und Gesetz ist auch in der als vergleichsweise locker geltenden Hauptstadt eine wichtige Angelegenheit. Geht es zum Beispiel um Brandschutzmängel in einem linken Hausprojekt, fährt man gerne ein paar Hundertschaften auf, um diese zu beheben. Und will ein Betreiber Musikveranstaltungen in seinem Strandbad veranstalten, scheitert das schon mal an dem unerbittlichen Widerstand des Ordnungsamtes. Wie zuletzt am Plötzensee geschehen, wo letzten Samstag eine Open-Air-Veranstaltung per Polizeieinsatz beendet wurde.

Deutlich weniger Probleme mit Rechtsbrüchen haben hingegen internationale Großkonzerne wie etwa die Ferienwohnungvermittlungsplattform Airbnb. Denn seit der Einführung des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes 2014 ist das Geschäftsmodell des US-Unternehmens de facto illegal.

Dieses besteht in der Regel darin, dass findige Un­ter­neh­me­r:in­nen Miet- und Eigentumswohnungen auf der Plattform als Ferienwohnungen vermieteten und somit ein Vielfaches der üblichen Marktmiete einnahmen. Fataler Nebeneffekt dieser Praxis ist, dass sie die bestehende Wohnungsnot noch weiter verschärft. Die in dieser Woche erschienene Studie „Loft mit Aussicht auf Verdrängung“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt das noch einmal eindrücklich.

Das Gesetz besagt, dass die kurzzeitige Vermietung von Wohnraum nur in Ausnahmefällen genehmigt wird. Trotzdem werden durch die Plattform immer noch 10.000 Wohnungen dem Berliner Mietmarkt entzogen, kaum eine davon hat eine offizielle Genehmigung als Ferienwohnung.

Die Richter ließen Berufung zu

Die Ver­mie­te­r:in­nen rechtlich zu verfolgen, ist schwierig, denn freiwillig will Airbnb deren Daten nicht herausrücken. Daran wird auch ein neues Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts nichts ändern, das den Konzern genau dazu verpflichtet. Denn die Richter ließen eine Berufung zu – und bis das Urteil in letzter Instanz ausgefochten ist, könnten ein paar Jahre ins Land gehen. Und selbst dann dürfte es schwierig werden, da die Herausgabe der Daten erst per Gerichtsvollzug in Irland eingetrieben werden müsste.

Salopp formuliert tanzt also Airbnb der Stadt seit Jahren auf der Nase herum. Um dem Treiben ein Ende zu bereiten, bräuchte es vor allem politische Entschlossenheit. So müsste noch die letzte Lücke des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes geschlossen werden – dagegen sträubt sich allerdings die SPD –, derzeit nämlich gilt eine Ausnahme bei einer Vermietung von maximal 90 Tagen im Jahr.

Letztendlich führt sich die Koalition in ihrem laxem Umgang mit dem US-Unternehmen selber vor. Was bringt es, Gesetze zu erlassen, wenn diese systematisch missachtet werden? Im Gegensatz zu linken Freiräumen und Open-Air-Partys wäre hier ein hartes Durchgreifen mal eine erfrischende Abwechslung, die ganz nebenbei das Vertrauen in den Rechtsstaat ein gutes Stück wiederherstellen könnte. Die Hundertschaften wären vor illegal vermieten Airbnb-Wohnungen alle­mal besser aufgehoben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.